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Ex-Präsident Almasbek Atambajew ergab sich.

Foto: Reuters / Vladimir Pirogov

In der sowohl für Russland als auch für die USA geostrategisch wichtigen GUS-Republik Kirgisistan brodelt es. Ein Machtkampf zwischen Präsident Soronbai Schejenbekow und Ex-Präsident Almasbek Atambajew ist in der Nacht zum Donnerstag blutig eskaliert: Spezialeinheiten der Sicherheitsorgane versuchten, die Residenz von Atambajew zu stürmen, wurden aber beim ersten Versuch von dessen bewaffneten Anhängern zurückgeschlagen. Bei den Auseinandersetzungen in der Nacht ist mindestens ein Polizeiangehöriger getötet worden, 79 Personen wurden verletzt. Die Anhänger Atambajews nahmen mehrere Sicherheitskräfte als Geiseln.

Am Donnerstag spitzte sich die Lage weiter zu. Atambajew, der erklärte, er habe bei der Abwehr des Sturms selbst "fünf- bis sechsmal in die Luft geschossen", verkündete "unbefristete Protestkundgebungen" in der Hauptstadt Bischkek. Dort wurden – auch in Erinnerung an bereits zwei bewaffnete Umstürze, bei der hunderte Marodeure die Geschäfte plünderten – eiligst alle Läden geschlossen. Das Meeting kam aber nicht zustande, weil die Regierung in die Offensive ging.

Zweiter Sturm-Versucht

In einer Krisensitzung hatte sie am Donnerstag Notmaßnahmen und auch die Verhängung des Ausnahmezustands besprochen. Die Generalstaatsanwaltschaft eröffnete gegen Atambajew ein Verfahren wegen bewaffneten Widerstands gegen die Staatsgewalt. Am frühen Abend gelang dann den Sicherheitskräften im zweiten Versuch der Sturm der Atambajew-Residenz.

Der Ex-Präsident ergab sich einige Stunden später. Ob der Machtkampf damit vorbei ist, muss sich zeigen. Atambajews Anhänger demonstrieren weiter. Dabei hatte er 2017 die Präsidentschaft eigentlich an seinen Wunschnachfolger Schejenbekow weitergegeben. Doch weil der sich nicht in die Regierungsgeschäfte reinreden lassen wollte, kam es zum Eklat. Mehrfach brüskierte Atambajew seinen Nachfolger, versuchte die Hoheit in der Regierungspartei wieder an sich zu reißen – und wurde schließlich selbst der Korruption angeklagt.

Vor zwei Wochen flog Atambajew dann eilig nach Moskau und wurde von Wladimir Putin auch persönlich empfangen. Der riet ihm, sich mit Schejenbekow zu versöhnen. Aus dem Kreml hieß es, man schaue "mit Sorge" auf die Ereignisse in Kirgisistan. Kein Wunder: Russland unterhält dort eine Luftwaffenbasis. Auch die Amerikaner waren bis vor einigen Jahren im Land, ehe Atambajew den Vertrag kündigte. Der Flughafen in Bischkek war wichtig für den US-Nachschub in Afghanistan. (André Ballin aus Moskau, 9.8.2019)