Zuletzt mussten Michael Wendler und seine Freundin Laura gehen. Beide waren aus der Sicht der restlichen Mitbewohner untragbar geworden, weil sie sich arrogant gegenüber den anderen benommen hatten und weil sie ungefragt eines der wenigen freien luxuriösen Doppelbetten belegten.

WG-Insassin Senay fasste das Geschehen auf ihre Art zusammen: "Wenn man 's Bein nicht hochkriegt, darf man mit den großen Hunden nicht pinkeln." Das ausgestoßene WG-Mitglied Wendler tat, was ihm aus seiner Sicht als das Logischste erschien, er drohte mit der Polizei. Willkommen im Sommerhaus der Stars, dem RTL-Trash-TV-Hit dieses Sommers.

WG-Bewohner im "Sommerhaus der Stars" von RTL.
Foto: RTL

Eine Wohngemeinschaft, in der regelmäßig die Fetzen fliegen, gilt generell nicht als Platz zum Bleiben. Beim Sommerhaus der Stars ist das seit Juli anders: RTL lässt in einer Zweisternevilla bedürftige Pseudopromis aufeinander los. Die tun, wie ihnen per Vertrag aufgetragen wurde, schließlich geht es um 50.000 Euro Preisgeld. RTL schneidet ein "Best of" zusammen und präsentiert es dienstags zur Freude des Publikums. Gestritten wird eigentlich immer.

Steffi heult

Am Ende wählen die Bewohner das unbeliebteste Paar raus. Davor müssen noch Paarspiele absolviert werden, so lautet die Regel. Wobei: Um die Regeln geht es hier am allerwenigsten.

Michael Wendler und Freundin Laura.

19 Jahre nach Big Brother und 15 Jahre nach der ersten Dschungelshow landet RTL wieder einen Quotenhit der Kategorie Trash-TV. 3,43 Millionen sahen diese Woche in Deutschland den Wendler-Abgang. Nur The Masked Singer von ProSieben schaffte in diesem Sommer ähnlich hohe Quoten. In Österreich erfreut sich das Sommerhaus ebenso steigender Beliebtheit. 159.000 waren zuletzt dabei.

Der Erfolg kommt für RTL zur richtigen Zeit. Der Dauerbrenner im Trash-TV, Ich bin ein Star, holt mich hier raus, zeigte im Winter Erschöpfungstendenzen. Ekel lösen diese Sommerhaus-Stars ganz ohne Kakerlakenbad und Stierhodencocktail aus. Endlich wieder Brot und Spiele!

Die Paare müssen bei Spielen zusammen helfen. Das gelingt nur wenigen – zum Gaudium des Publikums.

Und das geht so: Menowin liest Quentin die Leviten, weil Quentin die Frauen im Camp "am Arsch anpackt". Die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit wird durch Wendler ad absurdum geführt, als er den Popo seiner Freundin tätschelt und den eben vorbeigehenden Willi fragt: "Willst du auch mal?" Willi will nicht. Steffi wiederum ist sauer, weil ihr Mann Roland im Freien gepinkelt hat. "Wir müssen an Deutschland denken." Wendler und Laura brauchen jetzt dringend ein "Liebeszimmer".

Quentin furzt

Elena flippt schon wieder aus, Steffi heult, Quentin furzt, Laura kommen die Tränen – warum? Egal, Senay ist genervt von Laura, und Menowin ist jetzt richtig sauer auf Quentin: "Wegen Menschen wie dich saß ich da drinne." Steffi weint jetzt wieder.

Häufig verwendete Redewendungen: "Ey Alter" sowie "Was is los mit dir?" "Ich geh' kaputt", drückt Freude aus, grundsätzlich hat man es eher mit "Hurensohn" und "Bitch" zu tun. Schnarchen ist nur das geringste Problem.

Dass sich das Phänomen nicht so schnell abnützt, garantiert Bild mit täglichen Updates. Die Kooperation hat schon bei der Dschungelshow funktioniert. Nachschub ist ebenfalls gesichert: Je sechs "sexy Singles" bewohnen ebenfalls auf RTL das Paradise Hotel. Sat1 öffnet den Container für Promi Big Brother.

Im "Paradise Hotel" gehen Bikiniträgerinnen auf Partnersuche, im "Sommerhaus der Stars" ist der Erregungsgrad immer hoch.

Foto: RTL

Sie sind Teil einer neuen Trashwelle, die das Fernsehen reitet und die beim Unter-haltungsprogramm womöglich sogar zukunftsweisend ist: Nachdem die Serienproduktion mehr auf Streamingplattformen wechselt, besinnen sich Privatsender alter "Stärken" und widmen sich den "Mistkäfern der Mediengesellschaft" (Der Spiegel). Frei nach dem Motto: Keiner mag sie, obwohl sie nützlich sind. (Doris Priesching, 10.8.2019)