China erhöht den Druck, die Behörden verbieten die Proteste, doch Hongkongs Regierungskritiker gehen weiter auf die Straße.

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Hongkong – Am Sonntag lieferten sich Sicherheitskräfte und Demonstranten neben Zusammenstößen auch ein Katz-und-Maus-Spiel in den Straßen Hongkongs. Die Polizei versuchte energischer als zuvor die Straßen zu leeren. Polizisten feuerten Tränengaskanister in die Menge und versuchten mit erhobenen Stöcken unbewaffnete Menschenmassen im Zentrum und in Arbeiterbezirken aufzulösen.

Auch unter den Protestierende verschärften sich die Taktiken. Tausende Aktivisten veranstalteten am Wochenende sogenannte "Hit and Run"-Demonstrationen. Das heißt, ein rascher Rückzug, wenn man durch die Polizei in Bedrängnis kam, um sogleich anderenorts zusammenzufinden. Zudem wurden zwei Benzinbomben von Demonstranten gezündet.

Es ist das zehnte Wochenende der Demokratiebewegung

Die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie waren ursprünglich durch ein – später auf Eis gelegtes – Auslieferungsgesetz ausgelöst worden, das die Überstellung von Verdächtigen an Festland-China erlaubt hätte. Die Demonstrationen weiteten sich danach zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong und für mehr Demokratie aus.

Sie fordern inzwischen auch die Direktwahl für das Amt des Regierungschefs, das bisher von der Peking-treuen und laut Meinungsumfragen unbeliebten Carrie Lam ausgeübt wird.

China kritisiert britische "Einmischung" in Hongkong

China warnte unterdessen Großbritannien vor einer "Einmischung" in Hongkong. Peking reagierte damit auf ein Telefonat zwischen dem britischen Außenminister Dominic Raab und Hongkongs Regierungschefin. Raab habe Lam auf die Notwendigkeit einer "vollständigen, unabhängigen Untersuchung in jüngste Ereignisse" hingewiesen, teilte das Außenministerium in London mit.

Peking verlange, "dass die britische Seite sofort alle Aktionen stoppt, die in Angelegenheiten Hongkongs hineinpfuschen und Chinas innere Angelegenheiten stören", erklärte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums am Samstag. Es sei die "falsche" Entscheidung gewesen, Lam anzurufen, hieß es in einer Mitteilung des chinesischen Außenministeriums. London solle aufhören in Hongkong "für Ärger zu sorgen".

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Ein Aktivist geht bei einer Verkehrsblockade vorbei.
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Nach zwei von Protesten und Auseinandersetzungen geprägten Monaten ist die Lage in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong äußerst angespannt. Die zumeist friedlichen Demonstrationen werden immer wieder von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demokratie-Aktivisten und Sicherheitskräften überschattet. Seit Beginn der Proteste am 9. Juni wurden rund 450 Menschen festgenommen.

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Demonstranten inmitten von Tränengas.
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Am Samstag hatte es bereits eine ausdrücklich auf Familien zugeschnittene, genehmigte Demonstration gegeben. Doch auch da war es erneut zu Zusammenstößen gekommen. Sicherheitskräfte trieben Demonstranten, die eine Kreuzung blockierten, mit Tränengas auseinander. Zusätzlich zu den Aktionen in den Straßen Hongkongs besetzten Aktivisten zum zweiten Mal in Folge die Ankunftshalle des Flughafens.

Die Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific informierte ihr Personal darüber, dass sie sich an eine neue Anweisung aus Peking halten werde, nach der Teilnehmer der Proteste in Hongkong nicht auf Flügen Richtung Festland-China oder durch den chinesischen Luftraum eingesetzt werden dürfen. Cathay Pacific bestätigte zugleich, dass ein Pilot der Gesellschaft seit Ende Juli wegen seiner Beteiligung an den Protesten nicht mehr fliegen darf.

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Bei der Besetzung der Ankunftshalle des Flughafens am Samstag.
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Peking hat zuletzt immer öfter suggeriert, die Proteste in Hongkong würden vom Westen finanziert, ohne jedoch Beweise vorzulegen. Vergangene Woche hatte Chinas Regierung die USA scharf kritisiert, nachdem es Berichte über ein Treffen von US-Diplomaten mit Demokratieaktivisten in Hongkong gegeben hatte.

Ausgelöst wurde der Schlagabtausch zwischen Washington und Peking durch ein Treffen einer US-Diplomatin mit regierungskritischen Aktivisten in der chinesischen Sonderverwaltungszone.

China hatte London bei der Übergabe Hongkongs im Jahr 1997 zugesichert, dass in der ehemals britischen Kolonie Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit für mindestens 50 Jahre gewahrt blieben. Hongkongs wiedererstarkte Oppositionsbewegung wirft der Regierung vor, die als "Ein Land, zwei Systeme" bekannte Regelung zunehmend zu unterlaufen. (APA, red, 11.8.2019)