Dietmar Kühbauer erlebte einen schwer verdaulichen Sieg.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Ousmane Diakite stellte die Rapid-Defensive vor Schwierigkeiten.

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Um Red Bull Salzburg muss man sich echt nicht sorgen. Sie versorgen die halbe Liga mit außergewöhnlichen Talenten, verleihen sie. Diese Großzügigkeit dient natürlich schon dem Egoismus, sie sollen Praxis sammeln. Nutznießer ist zum Beispiel Altach. Die Vorarlberger sind Zwischenstation für den erst 19-jährigen Ousmane Diakite aus Mali. Ein zentraler Mittelfeldspieler, über dessen Fähigkeiten sich Gelehrte nicht streiten müssen. Der Rapidler Christopher Dibon staunte: "Ein Wahnsinn, ein Körper, eine Maschine."

An die Wand gespielt

Jedenfalls ist der Bursche, der bis 2023 Vertrag in Salzburg hat (wird anschließend wohl um 20 oder 30 Millionen verkauft), am Samstagnachmittag in Hütteldorf präsenter und auffälliger gewesen als Rapid in der biederen Gesamtheit. Die Hütteldorfer siegten 2:1. Normalerweise würde man behaupten, nun sei der Bann endlich gebrochen. Das Gegenteil ist der Fall.

Rapid wurde von Altach, unbestritten der besten Fußballmannschaft in ganz Vorarlberg, speziell in der zweiten Halbzeit an die Wand gespielt. Zahlen, vom Ergebnis abgesehen, bestätigten das: 61 Prozent Ballbesitz, 55 Prozent gewonnen Zweikämpfe. Allein in der Nachspielzeit wurden drei hochkarätigen Chancen auf den Ausgleich verjuxt.

"Katastrophe"

Die Zuschauer pfiffen, Rapid hat den Horizont erweitert, selbst Siege kommen nicht mehr an. Trainer Dietmar Kühbauer gestand einen "dreckigen Sieg gegen eine bessere Mannschaft" ein. Er wies darauf hin, dass man einige Konterchancen vergeben habe, eine durchaus besorgniserregende Erkenntnis. In Dibons Kopf "ratterte" es nach dem Schlusspfiff. "Wir haben ziemlich viel vermissen lassen, keine Zweikämpfe gewonnen, das Spiel gegen den Ball war eine Katastrophe."

Das Spiel mit dem Ball war übrigens auch ein Aberwitz. Der ratlose Kühbauer ergänzte: "Es fehlte die Bereitschaft." Dabei stand es nach elf Minuten durch zwei Tore des Griechen Taxiarchis Fountas (neben Tormann Richard Strebinger der einzige Lichtblick) bereits 2:0. Um dann völlig einzugehen, anstatt befreit aufzuspielen. Wahrlich eine Kunst. Alex Pastoor, Altachs Trainer, zitierte seinen niederländischen Landsmann, den seligen Johan Cruyff. "Wir waren besser, aber Deutschland gewinnt immer." Wobei der Vergleich etwas hinkt, er ist eine Beleidigung Deutschlands. Noch einmal Pastoor: "Kurzfristig ist es scheiße, langfristig war unsere Leistung okay."

Schwere Auslosung

Rapid hat gute Gründe, sich vor der Langfristigkeit zu schrecken. Sturm in Graz, LASK daheim, die Austria in Favoriten sind die nächsten drei Aufgaben. Ein Qualitätsproblem ist nicht zu leugnen. Boli Bolingoli, der Spieler mit den größten Perspektiven, wurde an Celtic Glasgow abgegeben. Das war nicht zu verhindern, Bolingoli wollte es. Er denkt perspektivisch, was Rapid zu denken geben müsste. Mert Müldür dürfte auch noch wechseln. Dafür bleibt voraussichtlich Thomas Murg. Ein prinzipiell feiner Kicker, der aber gar kein Beißer ist. Sein Esprit fällt eventuell in Liechtenstein oder Kasachstan auf. Christoph Knasmüllner übt sich in Pomadigkeit.

Die Scoutingabteilung Rapids scheint überfordert zu sein, die Amateure verweigern den Nachschub. Sportgeschäftsführer Zoran Barisic ist sich dessen bewusst. Der einzige Mensch, mit dem er nicht tauschen würde, ist vermutlich Peter Stöger, sein Kollege von der Austria.

Fragen nach dem System

Kühbauer führte die schwache Leistung auch auf den Druck zurück. "Der ist bei Rapid größer als anderswo." Eine Lösung hat er nicht parat. Grantig reagiert er auf Fragen nach dem System. Das neue 3-5-2 ist sicher nicht besser als das bisherige 4-2-3-1. "Wenn man gegen den Ball nicht arbeitet, ist das System wurscht." Er hofft inständig "auf schöne Siege. Wir werden dafür alles tun." Dibon: "Wir müssen besser werden, das ist alternativlos." (Christian Hackl, 11.8.2019)