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Salvini, der das Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung mit einer Forderung nach schneller Neuwahl in die Krise gestürzt hat, jagte am Wochenende von einem Auftritt zum nächsten.

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Italien ist in Aufruhr nach der plötzlichen Aufkündigung des Regierungsbündnisses. "Nur deine Interessen, und Italien geht unter. Schäm dich!", steht auf dem Plakat eines Demonstranten bei einer Anti-Lega-Kundgebung.

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Rom – Italien wartet nach turbulenten Tagen der Regierungskrise auf den "Showdown". Die Frage, die dieser Tage über allem schwebt, lautet: Kommt es in Italien schon im Oktober zu einer Neuwahl – oder erst im kommenden Jahr?

Am Montag und Dienstag stehen im Senat und in der Abgeordnetenkammer Treffen der Fraktionsvorsitzenden an, die für die weiteren Schritte auf dem Weg zu einer möglichen Neuwahl entscheidend sind.

Der Misstrauensantrag war am Freitag von der rechtsextremen Lega von Innenminister Matteo Salvini eingebracht worden. Spricht der Senat Conte sein Misstrauen aus, müsste der Regierungschef seinen Rücktritt einreichen. Präsident Sergio Mattarella muss dann entscheiden, ob er das Parlament auflöst. Das Parlament in Rom befindet sich derzeit in der Sommerpause und sollte seine Arbeit eigentlich erst im September wiederaufnehmen.

Seit Monaten verzeichnet Salvinis Lega ein Umfragehoch. Ein Votum der Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein von der Lega unterstütztes Bahnprojekt nahm der Parteichef am Donnerstag zum Anlass, die Koalition aufzukündigen.

Renzi schlägt Übergangsregierung vor

Der Widerstand gegen die Neuwahlpläne von Salvini wächst aber. Nachdem der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, sich gegen eine rasche neue Zusammensetzung des Parlaments ausgesprochen hat, wandte sich am Sonntag auch der Ex-Parteichef der oppositionellen Demokratischen Partei PD, Matteo Renzi, gegen den Plan.

Es sei verrückt, in dem Moment eine Wahl anzusetzen, in dem die Regierung den Haushalt 2020 vorbereiten müsse. Damit scheint fraglich, ob Salvini die notwendige Mehrheit für ein Misstrauensvotum im Parlament bekommt, mit dem er die Neuwahl erzwingen will.

Renzi schlug vor, eine Interimsregierung einzusetzen, die parteiübergreifend unterstützt werde. Erste Aufgabe dieser Regierung müsse sein, 23 Milliarden Euro aufzutreiben, um einen Anstieg der Umsatzsteuer zu verhindern. Der jetzige PD-Chef Nicola Zingaretti bremste Renzi allerdings. Er sagte im Fernsehen, er glaube nicht, dass die Vorstellungen von Renzi funktionierten.

Zwar liegen die Fünf-Sterne-Bewegung und der Partito Democratico in vielen Fragen weit auseinander. Italienische Kommentatoren meinen aber eine Wiederannäherung der beiden Parteien bemerkt zu haben. Beide Gruppierungen haben ein Interesse daran, eine zügige Wahl zu verhindern, aus denen nach Umfragen die Lega als klarer Sieger hervorgehen würde. Rein rechnerisch wäre im Abgeordnetenhaus derzeit eine Mehrheit zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und dem sozialdemokratischen PD möglich.

Demonstranten begrüßen Salvini mit "Bella Ciao"

Die Fünf-Sterne-Bewegung wirft Salvini Egoismus vor. Der Rechtspopulist, der seit Antritt der Regierung im Juni 2018 als der eigentliche starke Mann in Rom gilt, hat den Wahlkampf mit einer "Sommertour" schon eröffnet, bevor das formale Ende der Regierung überhaupt besiegelt ist.

Am Wochenende ließ er sich auf Bühnen und am Strand in Süditalien von Anhängern feiern und drehte vor den Kameras der Journalisten eine Runde im Kanu. In den Regionen Basilikata und Kalabrien wurde der Lega-Chef aber nicht nur mit offenen Armen empfangen. Eine Gruppe von Demonstranten stimmte das als antifaschistische Hymne bekannte Lied "Bella Ciao" an. Ein Video zeigt zudem, wie Salvini mit Wasser bespritzt wurde. Bei der Übertragung des abendlichen Auftritts in Soverato war deutlich ein Pfeifkonzert zu hören.

"Ich klebe nicht am Sessel. Das Wichtige ist, dass gewählt wird", zitierte die Zeitung "La Stampa" Salvini. "Wenn die Wahl ein anderer organisiert, wäre ich noch glücklicher. Das bedeutet, dass ich mehr Zeit für den Wahlkampf habe."

Dem Lega-Chef schwebt eine Allianz mit der rechtskonservativen Forza Italia (Silivo Berlusconi) und der postfaschistischen Partei "Brüder Italiens" vor. (red, APA, Reuters, 12.8.2019)