Was Parteien im Wahlkampf bewegt? Das Schnitzel, beispielsweise.

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Sieben Wochen sind es noch bis zur Wahl. Was hat uns bisher bewegt? Dass die türkise Mannschaft vor ihrem Auszug aus dem Kanzleramt Festplatten schreddern ließ. Und dass sich die ÖVP vor Spenden offenbar kaum retten kann, sodass sie einen Stopp verhängen musste, um nicht wieder gegen das Gesetz zu verstoßen.

Was hat uns noch im Wahlkampf bewegt? Dass die Fußball-Bundesliga wieder im ORF übertragen werden soll, dass das Bargeld in die Verfassung soll, dass Regierungsgebäude mit Solarpaneelen ausgestattet werden sollen, dass es einen eigenen Online-Streamingdienst namens Ö-Player geben soll. All das fordert die ÖVP. Prinzipiell fällt auf, dass die selbst gesetzten Themen vom Bestreben getragen sind, einer breiten Masse zu gefallen und keinen Widerspruch zu erzeugen. Das nennt man Populismus. Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein, wenn es nebenbei noch Bestrebungen gibt, die Welt oder zumindest das Land ernsthaft verbessern zu wollen. Mit dem Bargeld in der Verfassung oder dem Wiener Derby im ORF wird das freilich nicht gelingen. Aber es sind Vorschläge, die auf Widerhall stoßen. Man kann darüber diskutieren.

Luxus-Schnitzel

Und was hat die SPÖ beizutragen? "Das Schnitzel darf nicht zum Luxus werden", forderte deren Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Wochenende über Twitter. Das ist die ultimative Verdichtung von Populismus. Dumm und inhaltsleer, nur um Beifall heischend. Eine Sprechblase, wie man sie von der FPÖ erwarten würde, nicht angekränkelt von einem Lösungsansatz, mit dem man irgendjemanden, der sich gerade am Mittagstisch niedergelassen hat, überfordern könnte.

Gerade auch in Österreich ist das Schnitzel weit davon entfernt, Luxus zu werden, der Alarmismus ist nicht angebracht. Da spießt es sich ja. Die billige Herstellung von Fleisch ist für niemanden gut: für die Tiere nicht, für die Produzenten nicht, für die Konsumenten nicht – und für das Klima nicht. Wer sich mit dem vergangene Woche erschienenen Weltklimabericht befasst hat, könnte wissen, dass der gestiegene Fleischkonsum fatale Folgen hat. Mit der Schnitzelwarnung macht man sich zum Teil des Problems, nicht der Lösung. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Die ÖVP ist auch Teil des Problems. In der Frage des Klimaschutzes steht die ÖVP bedingungslos aufseiten der Industrie und des Kapitals – und nicht aufseiten der Welt und ihrer Bewohner. Das ist zweifellos schlimmer als eine schnell ausgegebene Parole, die nur auf Anbiederung setzt.

Wohnen, Klima, Steuern

Das werte Publikum in Österreich hätte es durchaus verdient, mit anspruchsvolleren Zugängen im Wahlkampf konfrontiert zu werden. Gerade der Klimaschutz, der den Menschen immer mehr Sorgen bereitet, würde eine tiefergehende Auseinandersetzung vertragen. Damit verbunden ist die Frage des Verkehrs, da gibt es ja schon Anregungen, auch von der SPÖ, oder die Steuerpolitik, die das Kinderkriegen und den Leistungsgedanken fördert, nicht aber ökologische Rücksichtnahme.

Ohne jemandem den Spaß an der seichten Unterhaltung nehmen zu wollen, da gäbe es noch Themen wie leistbares Wohnen, faire Arbeitsbedingungen und gutes Einkommen, um das Naheliegende zu nennen. Sieben Wochen bleiben noch. Bitte fordert uns. Die Wähler sind nicht so dumm, wie das die bisher vorgebrachten Denkanstöße im Wahlkampf nahelegen. (Michael Völker, 11.8.2019)