Bild nicht mehr verfügbar.

Tinder entfacht immer wieder Kontroversen.

Foto: REUTERS/Mike Blake/Illustration

Es gibt sie, die erfolgreichen Liebesgeschichten von Paaren, die sich über Tinder kennengelernt haben. Dennoch hat die App in den mittlerweile sieben Jahren ihres Bestehens immer wieder für Kritik gesorgt. Diese bezieht sich einerseits auf Sicherheitsaspekte, andererseits auf psychologische Auswirkungen. Tinder ruiniere die Romantik und mache Nutzer süchtig.

Erfolgreiche App

Die App wurde 2012 veröffentlicht und basiert darauf, dass Nutzern Personen in ihrer Nähe präsentiert werden, die laut einem Algorithmus zu ihnen passen sollen. Bei Nichtgefallen "swipt" man nach links. Wer die Person kennenlernen will, wischt nach rechts. Machen das beide Nutzer, ergibt es ein Match, und man kann miteinander chatten und sich kennenlernen.

Rein nach den Zahlen zu urteilen ist Tinder sehr erfolgreich. Laut eigenen Angaben hat die in über 190 Ländern verfügbare App zwei Milliarden Aufrufe pro Tag, pro Woche vermittelt man angeblich eine Million Dates. Insgesamt habe es schon 30 Milliarden Matches gegeben. Die App gehört zur Match Group, die noch weitere Dating-Dienste anbietet. 2018 machte das Unternehmen damit einen Umsatz von 1,7 Milliarden US-Dollar.

Negative Konsequenzen

Doch Psychologen sehen hinter der Fassade dieses Erfolgs einen besorgniserregenden Hintergrund, wie der "Guardian" aktuell aufgegriffen hat. Sie warnen davor, dass der Swipe-Mechanismus süchtig machen könne. Einer aktuellen Studie zufolge fühlen sich Nutzer einsamer, wenn sie sehr intensiv Dating-Apps nutzen. Besonders Personen mit ohnehin schon niedrigem Selbstwertgefühl tendierten dazu, die Apps zwanghaft zu verwenden. Eine weitere Studie kommt zur dem Schluss, dass Tinder wie im Rausch genutzt werde, letztendlich jedoch oft ein Gefühl der Leere hinterlasse.

Für Paare, die sich über Tinder kennengelernt hätten, bleibe die App immer eine Versuchung im Hintergrund, berichtete "Horizont" im Juli. Einer weiteren Studie aus Deutschland zufolge seien 41 Prozent der Tinder-Nutzer in einer Beziehung. Sie würden die App hauptsächlich zum Zeitvertreib, zur Kommunikation und zu Aufwertung des Selbstwertgefühls nutzen. Singles würden über die App verstärkt Geborgenheit und Nähe suchen.

Andere Wissenschafter kritisieren den Gaming-Ansatz des Swipe-Konzepts, der süchtig machen könne. Tatsächlich soll der Algorithmus von Tinder von der Verhaltenspsychologie inspiriert sein, wie Mitgründer Jonathan Badeen in einer Dokumentation bestätigt hatte.

Bei der Tinder-Mutter Match ist man sich der möglichen negativen Konsequenzen des Online-Datings bewusst. Die Anthropologin Helen Fisher berät das Unternehmen seit 2005. Laut "Guardian" rät sie Nutzern, mit nicht mehr als neun Personen pro Tag zu chatten. Mehr sei überfordernd.

Manche Beobachter sehen inzwischen eine Sehnsucht bei Nutzern, sich wieder verstärkt ohne Swipes kennenlernen zu wollen. Doch einmal im Online- und App-Dating drin, machen viele einfach weiter. Denn vielleicht kommt ja doch einmal das richtige Match. (red, 14.8.2019)