Hoch über der Skipiste: Omer Fast macht in seinem Kurzfilm "Der Oylem iz a Goylem" (2019) die Alpen zum Schauplatz einer übernatürlichen Begegnung.

Kamera: Stefan Ciupek, courtesy of the artist. Produziert vom Salzburger Kunstverein

Omer Fast hat im Salzburger Kunstverein ein Krankenhaus als Vorführraum für seine Videos nachgebaut.

Foto: Andrew Phelps, Credit: Salzburger Kunstverein

Harte Plastiksessel im Wartezimmer, Neonlicht und Desinfektionsmittelspender an den Wänden. Wundert man sich noch, wo Omer Fasts Ausstellung Der Oylem iz a Goylem beginnt, ist man längst mittendrin. Täuschend echt hat der israelische Videokünstler und Filmregisseur im Salzburger Kunstverein Krankenhausräume nachgebaut – einen Ort der Fürsorge, des Kümmerns. Obwohl er selbst das jiddische Sprichwort im Titel der Schau sinngemäß als "Der Welt ist’s wurscht" übersetzt.

In diesem Environment zeigt Fast (geboren 1972) drei jüngere Videoarbeiten, der titelgebende Kurzfilm Der Oylem iz a Goylem (2019) wurde für die Ausstellung in Salzburg gedreht. Alle drei Filme erzählen Geistergeschichten, die Fragen von Religion, Glaube und Trauma thematisieren.

Eindrücklich

Der Bezug zur Kulisse erschließt sich nicht unmittelbar, sie wirkt zunächst völlig konträr: hier das nüchterne Spital, dort das rätselhafte Übernatürliche. Fasts Kurzfilme haben eigentlich keine zusätzlichen Effekte nötig, sie stehen in ihrer Eindrücklichkeit mühelos für sich alleine.

Doch das Zusammenspiel macht auf mehreren Ebenen Sinn. Als Ort, an dem Leben endet und beginnt, beherbergt ein Spital durchaus Geister – seien es nur die der Vergangenheit. Manch einer Heilung haftet etwas Übernatürliches an, während Todkranke vergebens um ein Wunder bangen. So steril der Raum wirken mag, er ist durchdrungen von Spiritualität.

Verschachtelt

Die Ausstellungsarchitektur führt auch die Verschachtelung weiter, mit der Fasts Filme spielen – räumlich wie erzählerisch. Eine madonnengleiche Dämonin lässt in Der Oylem iz a Goylem den ärmlichen Abort des Goldschmieds zum getäfelten Schlafgemach erwachsen. Der dort verlangte Liebesakt bringt dem verschuldeten Schmied zwar Reichtum, stürzt aber seine Ehe ins Unglück. Eingebettet ist das jüdische Märchen in eine nicht weniger geheimnisvolle Rahmenhandlung: Eine Touristin und ein orthodoxer Jude hängen zusammen im Skilift fest. Ein Handschuh fällt, der Streit beginnt, am Ende blutet einer.

Über dem Flur, im Behandlungsraum, legt Fast eine weitere Ebene auf den zweiten Film, der denselben mittelalterlichen Stoff ins heutige China versetzt. Mittels Virtual Reality-Brille und Kopfhörern taucht man in The Invisible Hand (2018) ein, die Handlung entfaltet sich in 360° rund um den Betrachter herum, der ihr – selbst zum Geist geworden – unsichtbar beiwohnt.

Wirkungsvoll

Auf dem Weg nach draußen, zurück im Kunstverein, konfrontiert August (2016) im Kabinett statt mittelalterlicher Geister jene der deutschen Geschichte. Fast erblindet tastet sich der Fotograf August Sander an Schnüren durch Wohnung und Erinnerung. Er dreht am Grammofon, Pathos schwillt – wäre da nicht diese rote 3D-Brille, die einem auf der Nase sitzt. Immer mehr Schichten der Immersion stapelt Omer Fast aufeinander. Das mag teilweise irritieren, ist aber als humorvolle Brechung seiner großen Themen überaus wirkungsvoll. (Kathrin Heinrich 14.8.2019)