Wien – Am Montag, dem 12. August 2019 reißt der ORF Mauern nieder. Um elf Uhr vormittags legt ein Abbruchbagger mit mächtigem Greifarm an der Nordostseite des Küniglbergs eine Wand in Schutt. "Symbolträchtig" sei dieser Akt, sagt Generaldirektor Alexander Wrabetz. "Wir wollen die Mauer auch zwischen den Medien abbauen." Die ebenso naheliegende Symbolik könnte "ORF in Trümmern" lauten. Der Witz macht an diesem Vormittag die Runde.

Die Symbolwirkung eines solchen "Spatenstichs" ist nicht zu unterschätzen und unterliegt den Regeln der Message-Control: Für die richtigen Bilder sorgt der hauseigene Fotograf, solche von anderen Medien sind nicht zugelassen, selbst die APA durfte keinen schicken.

Am Küniglberg brachen am Montag Mauern ein. Generaldirektor Alexander Wrabetz ließ es geschehen.
Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

Die Fotos sind als Service für jene gedacht, die sich "in 20, 30 Jahren mit dem Thema ORF beschäftigen", sagt Wrabetz. Der Symbolik "ORF in Trümmern" will man damit aktiv gegenarbeiten.

Dabei läuft es zumindest in Sachen Baustelle relativ rund am Küniglberg. 300 Millionen Euro sind an Gesamtkosten veranschlagt. Die werde man einhalten, sagt Wrabetz, ebenso den Zeitplan. Der sieht eben am Montag den Baubeginn des neuen Gebäudekomplexes vor, der Ende 2021 bezugsfertig sein soll und ab 2022 Ö1 in einem Haus und gleich daneben Ö3 sowie den neuen multimedialen Newsroom beheimatet.

Wrabetz und Baustellenleiter Pius Strobl.
Foto: ORF / Thomas Ramstorfer

Schon im Herbst beginnt die Übersiedelung von FM4 aus dem Funkhaus. 2020 soll der Sender schon vom Küniglberg aus funken. Aus dem vom bestehenden ORF-Zentrum auskragenden Oktogon wurde früher Radio Österreich International gesendet. Jetzt wird es für den Alternativsender adaptiert. Die Bauarbeiten dort sind gerade beendet worden.
Der Standort für die drei Radios und den Newsroom ist Plan B: Ein großer Zubau für alle Programmmacher samt internationalem Architektenwettbewerb scheiterte an lange verzögerter Widmung und an Anrainerprotesten.

Stangenweise Kostüme für den Flohmarkt

Der ORF plante um und baut nun in der bestehenden und gewidmeten Kubatur – Newsroom und Ö3 etwa statt Werkstätten und Garagen. Die Anrainerproteste seien inzwischen verstummt, erzählt Projektleiter Pius Strobl.

Abgerissen werden in den nächsten Wochen Lagerhallen und Werkstätten. Diese übersiedeln in ein bereits bestehendes Gebäude nahe der Elisabethallee. Aus dem Studio 5 wird in Zukunft das multimediale Infostudio. Die Hallen werden gerade geräumt, Requisiten übersiedelt und entrümpelt, stangenweise wird Kleidung aus dem Kostümfundus für den Flohmarkt gesammelt. Letztlich wird man mit weniger Platz auskommen.

Wrabetz erklärt die Schautafel des zukünftigen Mediencampus für multimedialen Newsroom, Ö3 und Ö1.
Foto: ORF / Thomas Ramstorfer

Logistische Herausforderungen zeichnen sich ab. Immerhin muss der Sendebetrieb während der Umbauphase aufrechterhalten bleiben. Die Wetterredaktion zieht diesen Herbst auf den Küniglberg. Ö1 und Ö3 kommen erst Ende 2020 nach. "Wir sind ein digitales Unternehmen", winkt Strobl ab. Komplikationen könne es geben, sagt er: "Ja, sie werden kommen, aber ich bin davon überzeugt, dass wir es technisch schaffen."

Umstellung in den Köpfen

Wenn es gelinge, Tokio und Regieplätze zusammenzuschalten, werde das auch "von Wien-Zentrum in den Küniglberg gelingen". Mehr als die technischen Änderungen würden das Haus bis auf weiteres jene in den Strukturen beschäftigen: "Die größere Umstellung muss in den Köpfen passieren", sagt Strobl.

Die angesprochenen Köpfe haben fürs Erste andere, ganz praktische Sorgen: Seit vier Jahren wird im ORF gehämmert, gestemmt, planiert, saniert, weitere zweieinhalb Jahre würden eine "starke Beanspruchung" bedeuten, sagt Wrabetz. Nicht nur sie müssen da durch.
Die Anrainer auf der Seite der Elisabethallee stimmte der ORF schon auf die Belastung durch Bau und mehr Mitarbeiter in der Nachbarschaft ein. (Doris Priesching, 12.8.2019)