Einmal ein Lokal haben, das ist für viele ein Traum, dem sie in stieren Bürostunden nachhängen. Dass Gastronomie jene Branche ist, die eine der höchsten Insolvenzraten überhaupt aufweist, könnte schon auch damit zu tun haben, dass viele dem Traum nicht widerstehen können: Ein Restaurant erfolgreich zu etablieren und zu führen ist hochqualifizierte Arbeit. Von Natur aus Wirt sind halt nur die wenigsten.

Ob Philipp Zotter dazugehört, wird sich weisen, den Start aber hat der junge Mann mit beachtlicher Instinktsicherheit hingelegt: Sein vor sechs Wochen eröffnetes Thai-Restaurant Pumpui (lässt sich charmant als "mollig" übersetzen) ist Abend für Abend ausgebucht, obwohl der Standort mit bestem Willen nicht als Frequenzlage bezeichnet werden kann: Die Ecke Obere Weißgerberstraße und Löwengasse ist eine der stillsten des dritten Bezirks, die Öffi-Anbindung jenseitig, Vorgänger waren mit erschreckender Regelmäßigkeit von bescheidenem Erfolg gekrönt. Dabei ist der Platz richtig beschaulich und der Schanigarten von einem Baum beschattet.

Oh wie schön: Ein stiller Platz am Weißgerber in Wien-Landstraße hat jetzt ein wunderbar entspannt geführtes Thai-Restaurant.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Zotter war zuvor 14 Jahre auf Montage in der Welt unterwegs, richtig hackeln hat der Mann gelernt. Dass seine Frau Marion in der größten Werbeagentur des Landes Karriere gemacht hat und sich mit Kommunikation und Positionierung auskennen sollte, wird auch nicht schaden. Und dass mit Andreas Pust von der zu Recht legendären (und außerordentlich schicken) Krypt-Bar als Freund bei der gelungenen, mit Streetfood-Akzenten spielenden Gestaltung des Lokals zur Seite gestanden ist, ebenso wenig.

Wild, würzig

Entscheidend aber dürfte wohl ein familiärer Konnex gewesen sein: Der beste Freund von Zotters Vater ist mit Nitnoy Cekar verheiratet. Und die war lange Köchin in einem der besten Thais der Stadt, dem Mamamon in der Josefstadt. "Ich wollte einfach unbedingt ein Lokal aufmachen", sagt Zotter. "Dass es ein Thai wird, stand in dem Moment fest, als Nitnoy uns eröffnet hat, dass sie sich verändern möchte."

Die Köchin wurde gleich als Partner mit herein genommen und legt eine Karte hin, die sich deutlich vom rot-grünen Curry-Mischmasch anderer Thais unterscheidet. Nuea Thod, hausgemachtes Beef Jerky mit Sesam, ist wild würziges Knabberzeug, mit dem die erste Flasche Leo (aber auch Schleppe Pale Ale) schon vom Hinschauen leer wird.

Gung Pan Dakai stehen als frittierte Shrimp-Hendl-Spieße auf der Karte – dass in Wahrheit zwei Laberln mit süß-scharfer Erdnusssauce zu Tisch kommen, stört aber keinen, solange sie zu solch saftiger Knusprigkeit gebacken werden wie diese hier.

Khao Soi, ein herrlich dichter Curry-Nudelsuppentopf mit wunderbar saftigem Huhn, Pickles, Zwiebeln und frittierten Reisnudeln erfüllt einen mit tiefer Zufriedenheit.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Schüchterne Schärfe

Yam Hed, Glasnudelsalat mit winzigen Pilzen (und wie stets beim Thai, vorzugsweise mit Schwein zu ordern), sollte man sich nicht entgehen lassen. Der Teller, blattlvoll mit Nudeln, Pilzen, Fleisch, Erdnüssen und Kräutern, schaut aus wie ein Verkehrsunfall, der Geschmack – kraftvoll, geradezu surrend vom Aroma fermentierten Fischs und der Säure der Tamarinde, beglückt nachhaltig.

Wobei – bei der Schärfe könnten die Pumpuis ganz generell ein bissl auf die Tube drücken, ganz so ängstlich sind wir in der Hauptstadt nämlich nicht. Das gilt ganz besonders für Laab, den legendenumrankten Salat mit faschiertem Schwein aus dem Norden: alles gut, nur die Würze etwas schüchtern.

Khao Soi (siehe Bild), ein herrlich dichter Curry-Nudelsuppentopf mit wunderbar saftigem Huhn, Pickles, Zwiebeln und frittierten Reisnudeln erfüllt einen mit tiefer Zufriedenheit – auch wenn man sich natürlich Limette statt des schnöden Zitronenschnitz' als Würze gewünscht hätte.

Hinterher dürfen die Backpacker unter den Thai-Urlaubern sich auf Pancakes mit Banane (in der Saison auch mit Mango!), Schokosauce und Kondensmilch freuen. Und die ernsthafte Partycrowd, wie es sich gehört, auf Saeng Som Rum mit Soda – halt wieder mit Zitrone statt Limette. (Severin Corti, RONDO, 16.8.2019)

>> Lokale in Österreich: Severin Cortis Restaurantkritiken gesammelt

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