1993 wurde die letzte Baracke des Lagers abgerissen, Simon Wiesenthal war damals entsetzt.

Foto: APA/MAUTHAUSEN KOMITEE STEYR

Jetzt ist von dem Ort, an dem tausende Häftlinge interniert und zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden, gar nichts mehr übrig.

Foto: APA/MAUTHAUSEN KOMITEE STEYR

Bereits 1993 zeigte sich Simon Wiesenthal entsetzt, als die letzte damals noch bestehende Baracke des KZ-Nebenlagers Steyr-Münichholz in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgerissen wurde. Jetzt ist es mit der Chance auf ein Denkmal endgültig vorbei. "Nun wurden auch die letzten Reste des KZ-Nebenlagers Steyr-Münichholz beseitigt", teilte das Mauthausen-Komitee Steyr in einer Aussendung mit.

"Bis vor wenigen Tagen war auf dem Privatgrundstück an der Haagerstraße in Münichholz noch der gemauerte Keller der ehemaligen Küchenbaracke zu sehen. Damit wurden die letzten noch sichtbaren Spuren des Nebenlagers Steyr zerstört", schrieb das Komitee.

"Gerade in einer Zeit, in der rechtsextreme Parteien und Gruppierungen in ganz Europa einen enormen Zulauf haben, wäre die Erhaltung dieses letzten Restes von großer geschichtlicher und politischer Bedeutung gewesen", erklärte der Mauthausen-Komitee-Steyr-Vorsitzende Karl Ramsmaier. Im Komitee gab es Überlegungen, wie man die Relikte erhalten und zugänglich machen könnte. Angesichts der Tatsache, dass das Grundstück in Privatbesitz ist, zeichnete sich aber seit langem keine Lösung ab.

Denkmalamt untätig

Bereits im März 1993 hatte das Mauthausen-Komitee Steyr das Bundesdenkmalamt ersucht, die letzte Baracke des Nebenlagers unter Denkmalschutz zu stellen. Die Stadt Steyr sollte den Grund kaufen und darin eine "Zeitgeschichte-Werkstätte" für junge Besucher einrichten. Daraufhin sei die Baracke vom damaligen Besitzer einfach abgerissen worden, erklärte das Komitee. Es gab Proteste in lokalen und internationalen Medien, das Internationale Mauthausen-Komitee (CIM) äußerte sich empört über den Abriss. Nach der Zerstörung des Gebäudes hätte das Bundesdenkmalamt die Unterschutzstellung der übrig gebliebenen Reste nicht weiterverfolgt.

1995 wurde das Grundstück an die aktuelle Besitzerin verkauft. Einige Zeit wurde das Gelände dann von einem Autohändler genützt. Ob das Grundstück zukünftig als Parkplatz verwendet oder ob ein neues Gebäude errichtet wird, sei derzeit unklar, teilte das Mauthausen-Komitee Steyr mit. 1993 hatte der schließlich 2005 verstorbene Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, Simon Wiesenthal, erklärt: "Ich bin schockiert. Ich fühle mich durch solche Vorfälle in meiner vier Jahrzehnte dauernden Arbeit weit zurückgeworfen. Wenn unsere Generation einmal gestorben ist, dann wird man wahrscheinlich alles niederreißen, was an die Nazi-Verbrechen erinnert."

Tödliche Zwangsarbeit

In dem Lager waren von März 1942 bis Mai 1945 jeweils zwischen 1.500 und 3.000 KZ-Häftlinge untergebracht. Zunächst wurden im Jänner 1942 300 republikanische Spanier aus Mauthausen in der Waffenindustrie der Steyr-Werke und zum Aufbau des KZ-Nebenlagers Steyr-Münichholz eingesetzt. Ab 14. März 1942 wurde Steyr offiziell als Außenlager des KZ Mauthausen geführt. Die Häftlinge wurden in der Produktion von Maschinengewehren, Flugzeugmotoren, Lastkraftwagen und Kugellagern eingesetzt. Sie mussten auch Hallen und Straßen im Werksgelände und Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung der Stadt Steyr bauen. Bei Außenarbeiten kam es zu Misshandlungen und Erschießungen.

Der Ukrainer Wladimir Maximowitsch Berimez, selbst Häftling im Lager Steyr, beschrieb 2002 das Lager so: "Das Lager war mit Stacheldraht in zwei Reihen eingezäunt, und zwischen diesen Reihen befanden sich Windungen mit Stacheldraht. An jeder Ecke des Lagergeländes gab es Wachtürme mit Scheinwerfern für die Wachposten, die mit Maschinengewehren ausgerüstet waren. Hinter dem Lagergelände befanden sich die Baracken für die Lagerwache. Dort waren auch die Lagerbestände für Lebensmittel und Munition untergebracht. Zum Lager führte eine Zugverbindung, die Eisenbahntrasse führte weiter nach Steyr. Jeden Tag wurden Leichen weggebracht." (APA, red, 13.8.2019)