Aktuell sterben jedes Jahr weltweit rund sechs Millionen Menschen durch den Tabakkonsum – in Österreich sind es 14.000.

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Wien – Der Dreh- und Wendepunkt sind die Anrainer. Als Lokalbetreiber fürchtet man sie, darum möchte man sie schützen. Am 1. November tritt das Nichtrauchergesetz in Kraft, und Raucher müssen vor die Tür. Die daraus resultierende Rauch- und Lärmbelästigung werde in einer Anzeigenflut der Anrainer enden – so die Sorge der Betreiber von Clubs, Bars und Discos, medial bekannt als die sogenannten Nachtgastronomen. Ihr Ziel ist es nun, eine gesetzliche Unterscheidung zwischen der Nacht- und der übrigen Gastronomie zu erwirken.

Die Nachtgastronomen wollen das ehemals von der rot-schwarzen Regierung geplante, von der türkis-blauen Regierung dann wieder aufgehobene und schließlich von allen Parteien außer der FPÖ Anfang Juli wieder beschlossene Gastro-Rauchverbot über den Verfassungsgerichtshof erneut kippen.

Individualantrag beim VfGH

Um verfassungsrechtlich zu reüssieren, braucht es einen Individualantrag. Dieser wurde nun beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) gestellt. "Der Individualantrag wegen des Rauchverbots in der Nachtgastronomie gemäß dem am 2. Juli 2019 im Nationalrat verabschiedeten radikalen Nichtraucherschutzgesetz mit Wirkung 1. November 2019 wurde heute, am 13. August 2019, vormittags beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof eingebracht", hieß es in einer Aussendung.

Die Betreiber der Initiative wollen offenbar eine "Nachtgastronomie" von den übrigen Lokalen unterschieden wissen: "Hintergrund ist die nicht zu Ende gedachte Situation rund um den Schutz der Anrainer, da 'österreichweit mit bis zu 50.000 Rauchern zeitgleich vor den nachtgastronomischen Lokalen im Zeitraum 22 bis 6 Uhr zu rechnen ist und dies zu massiver Lärmbelästigung der Anrainer führen wird'", wird Stefan Ratzenberger, Sprecher der Interessengemeinschaft "Nachtgastronomie für Anrainerschutz", in einer Aussendung zitiert. Die Interessengemeinschaft umfasse rund 1.500 Unternehmen.

14.000 Tote in Österreich

Aktuell sterben jedes Jahr weltweit rund sechs Millionen Menschen durch den Tabakkonsum. In Österreich sind es 14.000. Ohne dass härtere Maßnahmen getroffen werden, wird diese Zahl bis 2030 auf acht Millionen Opfer ansteigen, berichtete die britische Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" im Jänner 2017 mit Berufung auf einen 700-Seiten-Bericht ("Die Ökonomie von Tabak und Tabakkontrolle") des US-Krebsinstituts und der Weltgesundheitsorganisation.

Einer Billion US-Dollar an Schäden (850 Milliarden Euro) – durch Produktivitätsverluste und Gesundheitskosten – pro Jahr stünden nur 269 Milliarden Dollar (240 Milliarden Euro) an Tabaksteuereinnahmen gegenüber. Für das 21. Jahrhundert werde weltweit mit rund einer Milliarde Todesopfern durch das Rauchen gerechnet.

Mehr Frauen mit Lungenkarzinom

Bei 1,8 Millionen Menschen wird derzeit pro Jahr weltweit ein Lungenkarzinom festgestellt. 1,6 Millionen Patienten sterben pro Jahr. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt nur 15 Prozent. Bei der Behandlung des Bronchuskarzinoms liegt Österreich zwar weltweit im Spitzenfeld, die Zahl der Lungenkrebs-Neuerkrankungen stieg in den vergangenen Jahren aber massiv. Bis 2030 soll es doppelt so viele Fälle geben. Vor allem immer mehr Frauen sind betroffen beziehungsweise sterben daran, schreibt die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie. (red, APA, 13.8.2019)