Arcadi Volodos in Aktion in Salzburg.

Foto: SF/Marco Borrelli

Kleine Stücke großen Gehalts sind der rote Faden einiger der Solistenkonzerte, die heuer bei den Salzburger Festspielen bis auf zwei Duo-Abende alle dem Klavier gelten: Grigory Sokolov und vor allem Igor Levit ließen staunen über Beethovens Bagatellen op. 119 bzw. op. 126. Pollini kommt noch und wird Sechs kleine Klavierstücke op. 19 von Schönberg spielen und Khatia Buniatishvili Schuberts Impromptus D 899.

Dazwischen bot nun Arcadi Volodos im Haus für Mozart einen Höhepunkt der Interpretation von Meisterwerken der "kleinen Form" von Franz Schubert, Sergej Rachmaninow und Alexander Skrjabin. Ob die Nr. 3 f-Moll aus Schuberts Moments musicaux D 780, das berühmte Prélude cis-Moll aus Rachmaninows Morceaux de fantaisie op. 3/2 oder Skrjabins dramatisches Vers la flamme op. 72: Die charakterlich so unterschiedlichen Stücke verschmolzen in der Lesart von Arcadi Volodos quasi zu einem einzigen Zyklus – zur Einheit verbunden durch seinen so weichen wie präszisen Anschlag und die daraus resultierende Transparenz, das Understatement im virtuosen Nichthinweisen auf die Virtuosität vieler dieser abgründigen Miniaturen und nicht zuletzt durch die weit gespannten Linien und die daraus resultierende scheinbare Ruhe. Zumindest auf der Oberfläche.

Wenn Arcadi Volodos Schubert spielt, bleibt die Zeit stehen. Das fiel besonders auf im Moment musical Nr. 3 f-Moll, das ja nicht selten ziemlich verhopst und verhämmert wird, von Volodos aber wie ein Kreisel sanft taumelnd auf seine Bahn geschickt wurde.

Bockig bis radikal

Die sechs Rachmaninow-Nummern verband ohnehin alle eine Tempobezeichnung zwischen Lento und Grave – die brachten ihre Geschlossenheit quasi schon mit. Die aufwühlenden Mittelteile – geradezu bockig etwa das Tempo di Valse der Sérénade b-Moll op. 3/5 – gestaltete Arcadi Volodos mit der nämlichen Virtuosität und Leichtigkeit, die es nicht nötig hat, "sich aufzuspielen". Mit angehaltenem Atem lauschte man auch den etwas weniger klangsinnlichen, deutlich radikaleren Stücken von Alexander Skrjabin.

Den Übergang zwischen den doch sehr verschiedenen Welten gestaltete Volodos mit Skrjabins Mazurka e-Moll op. 25/3 allerdings bruchlos. Krass und befremdend kurz ist etwa Énigme aus Trois Pièces op. 52/2, während Deux Danses op. 73 in zwei konträre Welten führen: Flammes sombres tanzen einen unruhevollen Reigen, während Guirlandes in Wortsinn zarte Fäden spinnen. Entstanden 1914, ein Jahr vor dem Tod Skrjabins, ist das Virtuosenstück Vers la flamme op. 72 – ein fulminanter Kehraus. (Heidemarie Klabacher, 13.8.2019)