Der Physiker Klaus Lichtenegger optimiert Energiesysteme mit den Mitteln der Mathematik.

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Beim Thema smarte Energienetze denken viele Menschen lediglich an elektrischen Strom. Erneuerbare Quellen wie Sonne und Wind sollen angezapft, Produzenten und Konsumenten mit intelligenter Technik bestmöglich koordiniert werden. Letztendlich wird damit aber nur ein kleiner Teil der Energieproblematik adressiert.

"Heute sind nur zehn bis 20 Prozent des Endenergieverbrauchs elektrisch. 30 Prozent entfallen auf den Verkehr, 50 Prozent auf Heiz- und Kühlanwendungen", sagt Klaus Lichtenegger. "Möchte man aber alles auf Strom umstellen, vernachlässigt man die Stärken der anderen Energiesektoren."

Als Leiter des Projekts "OptEnGrid" kümmerte sich der 1979 in Schladming in der Steiermark geborene Physiker und Umweltsystemwissenschafter bis vor kurzem um eine Optimierung des Zusammenspiels von verschiedenen vorhandenen Energieformen und -technologien.

Lichtenegger war in den vergangenen sieben Jahren am K1-Kompetenzzentrum Bioenergy 2020+ als Senior Researcher in eine Reihe von Energietechnikprojekte involviert. Heuer wechselt er an die FH Joanneum, wo er sich im Masterstudium Data and Information Science verstärkt um die Lehre kümmern wird. Doch auch die Forschung soll nicht zu kurz kommen.

Optimales Ergebnis im Gesamtsystem

"Wir haben mit mathematischen Mitteln technologieneutral die beste Konfiguration von Energiesystemen gesucht", sagt Lichtenegger zum Projekt "OptEnGrid". Von der richtigen Dimensionierung von Speichern oder Wärmepumpen bis zur Wahl des optimalen Energieträgers werden alle Komponenten so ausgewählt, dass sie als Gesamtsystem – für ein Haus, eine Siedlung oder eine ganze Stadt – über das ganze Jahr hinweg ein optimales Ergebnis bringen.

Lichtenegger verweist etwa auf die Möglichkeit saisonaler Wärme- und Kältespeicher – ein Ansatz, bei dem Dänemark oder Kanada Vorreiter sind: Große, unterirdische Wasserspeicher werden dabei im Sommer aufgeheizt, um sie im Winter etwa für Fernwärme zu nutzen. Umgekehrt könnten im Winter Kältedepots für die Klimaanlagen im Sommer angelegt werden. Optimiert werden die Kosten, aber auch ökologische Aspekte wie CO2-Emissionen.

Die Physik hat Lichtenegger gewählt, weil sie ein "universelles Studium" sei, das vieles abdeckt – auch eine solide mathematische Ausbildung. "Viele Studienbeginner haben Probleme mit der Hochschulmathematik. Mir ist es ähnlich ergangen. Nachdem ich sie durchschaut habe, habe ich das Gelernte für andere zusammengefasst", beschreibt Lichtenegger den Anfang jener Entwicklung, die zu mehreren Buchveröffentlichungen in der Mathematik und der Physik führte. 2010 promovierte er in Graz, davor studierte er im Rahmen eines FWF-Doktoratskollegs in New York.

Das Schreiben ist für Lichtenegger auch ein privates Hobby geworden. Passend zu seinem Faible für Rollenspiele, die man mit Papier und Bleistift auf dem Tisch, aber auch "live" in Kostüm und Rüstung zum Leben erweckt, erschafft er Storys und Plots im Fantasy-Bereich.

"Bei Live-Rollenspielen findet man viele Naturwissenschafter", sagt der Physiker augenzwinkernd. "Immerhin sollen es Leute sein, die sich von einem 300-Seiten-Regelwerk nicht abschrecken lassen." (Alois Pumhösel, 17.8.2019)