Für die Ernte dürfen jetzt schon Asylsuchende beschäftigt werden. Künftig dürfte sich der Betätigungsbereich ausdehnen.

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Alle Jahre wieder stellt sich für die Gurkerl- und Spargelzüchter dieselbe Frage: Wird die Ernte auf dem Feld liegen bleiben? So fasst es Stefan Hamedinger, Berater für Gemüsebau in der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, zusammen. Es fehlt an Erntearbeitern, und das Problem sei hausgemacht, sprich politikgemacht. Das Kontingent an erlaubten Erntehelfern ist beschränkt, wer damit nicht auskommt, hat Pech gehabt.

Da auch die – nicht kontingentbegrenzten – EU-Bewerber für die Feldarbeit jedes Jahr weniger werden, steigt der Druck für die Gemüse- und Obstbauern, sagt Hamedinger, der vor einigen Jahren begonnen hat, verstärkt Asylwerber und Asylberechtigte einzusetzen und eigene Jobbörsen anzubieten – mit Erfolg: Von den 200 Geflüchteten, die im Vorjahr in der Ernte arbeiteten, waren fast alle in Oberösterreich im Einsatz. Rund zwei Drittel von ihnen waren noch im Asylverfahren.

Asylwerber leichter zu beschäftigen

Ein Grund dafür: Erntehilfe stellte eine der wenigen Ausnahmen vom Arbeitsverbot für Asylwerber. Eine weitere Erklärung, warum die Beschäftigung von Asylwerbern leichter fiel als der Einsatz von Asylberechtigten: Während des laufenden Verfahrens sind die Asylsuchenden oft in privaten Quartieren auf dem Land untergebracht – also dort, wo die Betriebe die größten Probleme haben, offene Jobs zu besetzen.

Insofern war das Jahr 2015, in dem andere von einer "Flüchtlingskrise" sprachen, für viele Gemüsebauern ein Segen: In vielen Gemeinden waren Asylwerber untergebracht. Das erhöhte die Auswahl für die Betriebe. Diese zusätzliche Quelle an Hilfskräften könnte auch für Betriebe außerhalb der Landwirtschaft attraktiv sein – was wohl mit ein Grund ist, warum Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ein Recht auf Lehrabschluss für Asylwerber fordert: Asylsuchende, die eine Berufsausbildung begonnen haben, sollen diese fertig machen dürfen, auch wenn sie einen negativen Bescheid erhalten.

Umkehrschwung

Doch während die ÖVP die mit der FPÖ umgesetzte Verschärfung der Lehre für Asylwerber umdrehen möchte, ist die Judikatur schon ein paar Schritte weiter. Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus könnten künftig rascher einer Beschäftigung nachgehen als bisher. Darauf lassen zumindest einige Verfahren beim Arbeitsmarktservice schließen. In einigen Fällen wurden nämliche negative Bescheide des AMS beeinsprucht – mit Erfolg. Konkret hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Fällen gerügt, dass das Arbeitsmarktservice vor einer Verweigerung der Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber nicht prüfte, ob Österreicher oder EU-Bürger für offene Stellen zu finden sind.

Das zeigt sich beispielsweise in einem Fall aus Wien. Ein Lokal suchte lange eine Leitung, konnte die Stelle aber nicht besetzen. Dann fand sich ein geeigneter Asylwerber aus Bangladesch, der aber vom AMS abgelehnt wurde. Dies, obwohl die Behörde durch "die Unterlassung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens" den Sachverhalt nur unzureichend feststellte, wie das Verwaltungsgericht entschied.

Neun Monate nach Antrag

Die Anwältin Michaela Krömer setzte die Arbeitserlaubnis für einen Asylwerber bereits durch, nachdem dessen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung durch das Arbeitsmarktservice abgelehnt worden war, wie sie im Ö1-Morgenjournal sagte. Sie vertrat dabei einen Tischlereibetrieb, der einen Flüchtling als Lehrling anstellen wollte. Ins Spiel kommt dabei eine EU-Verordnung, wonach Asylwerber neun Monate nach Antragstellung einen Job annehmen dürfen. Anderslautende Erlässe der Regierung hält Krömer für wahrscheinlich rechtswidrig.

Ähnlich äußerte sich Arbeiterkammerexperte Johannes Peyrl im Gespräch mit dem STANDARD. Er rechnet aber nicht mit einem rasanten Zuwachs von Asylwerbern am Arbeitsmarkt, weil Deutschkenntnisse und andere Qualifikationen nach kurzem Aufenthalt oft fehlten. (sterk, as, 13.8.2019)