Blütenalarm: Beim Vergleich des durchsichtigen Porträtfensters mit dem Bildnis der Europa erkennt man links den falschen Fuffziger.

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Sollte das Recht auf Bargeld tatsächlich in der Verfassung abgesichert werden, wird das auch eine Branche freuen, deren Umsätze im Verborgenen blühen: die Geldfälscher. Das Geschäft mit den Blüten hat sich in jüngster Zeit grundlegend gewandelt. Immer öfter haben es die Strafverfolgungsbehörden in Europa mit Do-it-yourself-Geldfälschern zu tun – und Österreich ist vorn dabei.

Wie das unabhängige Fachmagazin "Kriminalpolizei" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, scheint Österreich bereits "eines der Zentren der Herstellung von Falschgeld" in Europa zu sein. Ein Computer mit Internetzugang, ein Kopierer, ein Drucker, spezielles Papier und im Darknet bestellte Hologramme made in China – mehr ist für eine moderne Falschgeldwerkstatt nicht notwendig.

Das heimische Bundeskriminalamt bestätigt den Trend. "Es gibt die sogenannte alte Schule, das sind meist Werkstätten der Mafia in Italien, wo Falschgeld noch auf Druckmaschinen aufwendig hergestellt wird", sagt Bundeskriminalamtssprecher Vincenz Kriegs-Au im Gespräch mit dem STANDARD. Diese gefälschten Banknoten seien für Laien oft nicht leicht erkennbar.

Schlechte Beleuchtung

Aber es gibt eben auch immer mehr Amateure, die mit Falschgeld Geld machen wollen. Die "Qualität" der Blüten aus den Heimlaboren sei zwar schlechter. Aber bei einem Druck auf speziellem Papier samt aufgetragenem Fake-Hologramm werde es schon schwieriger, Blüten zu erkennen – vor allem wenn, was in Nachtlokalen häufig der Fall ist, die Beleuchtung schlecht sei oder wenn in Geschäften mit hoher Kundenfrequenz das Kassieren sehr schnell gehen müsse.

Die Anzahl von sichergestellten gefälschten Banknoten ist zuletzt zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2018 waren vom Handel und von Bankinstituten 5938 Fälschungen aus dem Verkehr gezogen worden, im gleichen Zeitraum heuer waren es laut Oesterreichischer Nationalbank 4395 Stück. Das bedeutet ein Minus von 1543 Fälschungen beziehungsweise rund 26 Prozent. Europaweit wurden nach Angabe der Europäischen Zentralbank (EZB) heuer bisher 251.000 Euro-Blüten sichergestellt. Das entspricht im Vergleich zu 2018 einem Rückgang von etwa 16 Prozent.

Vier Werkstätten ausgehoben

Das könnte unter anderem daran liegen, dass die kriminalpolizeiliche Projektgruppe "Geldfälschung Darknet" in Österreich seit Sommer des Vorjahres vier Heimwerkergeldfälscher ausgehoben hat. Das Landeskriminalamt Wien, Außenstelle Mitte, das für die Ermittlungen österreichweit zuständig ist, ließ im gleichen Zeitraum bisher insgesamt 16 Verdächtige in fast allen Bundesländern festnehmen.

Ein 33-jähriger Steirer etwa soll in seinem Wohnzimmer gefälschte Euro-Banknoten im Nominalwert von 408.000 Euro hergestellt haben. Das falsche Geld soll er als sogenannter Vendor im Darknet auf verschiedenen Marktplätzen verkauft haben.

Operation "Green Heart"

Die Sicherheitsbehörden nannten den von der europäischen Polizeiagentur Europol koordinierten Zugriff Operation "Green Heart", weil die Steiermark als grünes Herz von Österreich gilt. Bei dem Mann wurden neben fertigen Blüten noch 617 A4-Bögen von noch nicht fertig geschnittenen gefälschten Banknoten sowie 19.704 Hologramme sichergestellt.

In Deutschland wurden zeitgleich Hausdurchsuchungen bei 160 mutmaßlichen Abnehmern durchgeführt. Sie sollen im Darknet Blüten im Nennwert von 500.000 Euro bestellt haben. Zum Teil hatte der Steirer die bestellte Ware in Deutschland zur Post gebracht, er wurde inzwischen nicht rechtskräftig zu drei Jahren Haft verurteilt.

Die steigende Nutzung von Internet- und Darknetdiensten habe markante Veränderungen bei der Bekämpfung der Geldfälschung zur Folge, heißt es auch bei der Falschgeldzentralstelle des Bayerischen Landeskriminalamts. Die Grenzen des Handelns und des Vertriebs der illegalen Waren verschwimmen immer mehr.

150 echte Euro für 500 falsche Euro

Aber wer will überhaupt Falschgeld im Internet kaufen? "Es sind vor allem junge Menschen, die keine großen Summen bestellen, sondern sich ein paar Hundert falsche Euro als Bonus für ihr Freizeitbudget beschaffen wollen", heißt es im heimischen Bundeskriminalamt. Für einen Nominalwert von 500 Euro würden im Darknet 150 bis 200 echte Euro verlangt. Gefälscht würden fast nur 20- und 50-Euro-Banknoten. Bei "größeren" Geldscheinen sei die Gefahr zu groß, dass sie in Geldprüfgeräten auffliegen. Im Darknet selbst, in dem Daten verschlüsselt übertragen und gespeichert werden und zu dessen Handelsplätzen man meist nur durch Einladung gelangt, wird ausschließlich mit Kryptowährungen bezahlt.

Um Briefsendungen mit Blüten abzufangen, hat laut dem Fachmagazin "Kriminalpolizei" auch das Zollamt Wien eine Schwerpunktaktion gestartet. Jede aus dem Verkehr gezogene Fälschung landet bei der Nationalbank, die Fälschungsmerkmale katalogisiert. (Michael Simoner, 14.8.2019)