Kein Tag vergeht (und das ist auch gut so) ohne öffentliche und mediale Debatten zu den Möglichkeiten der CO2-Reduktion, um den Klimawandel zu bremsen. Dabei geht es oft um sehr technologische beziehungsweise komplexe naturwissenschaftliche Argumente für oder gegen bestimmte Formen der Energieproduktion, aber auch um mögliche wirtschaftliche und soziale Folgen politischer Entscheidungen, die wir jetzt treffen.

In weiten Teilen der Bevölkerung existieren zum Beispiel diffuse Ängste über Wohlfahrtsverluste, die es zu erleiden gelten wird, wenn eine Energiewende zu radikal ausfallen würde. Ich möchte, anschließend an die ökonomisch geprägte Sichtweise des Problems, wie sie im Blogbeitrag des Ökonomen Klaus Gugler sehr anschaulich erklärt wurde, über mögliche Kommunikationsschwierigkeiten bei den jeweiligen Lösungsstrategien nachdenken und für eine verstärkte Übernahme kommunikativer Verantwortung plädieren.

Schlechte Kommunikation

Gugler differenziert zwischen staatlichen und marktlichen Lösungen für eine CO2-Reduktion und sieht folgende Vorteile bei letzteren: Der Staat suche sich mangels Informationen selten die "Winner"-Technologie aus, lasse sich zu sehr von Lobbying-Aktivitäten beeinflussen, um objektiv entscheiden zu können, und sei ineffizient auf der Kostenseite der Administrierung. Denn es fallen viele implizite Kosten bei staatlich verordneten Grenzwerten, Subventionen und Vorschriften an: Wir verhalten uns womöglich weniger sparsam, fahren danach noch mehr Auto, zahlen erst recht höhere Endkundenpreise (weil Subventionen übergewälzt werden), oder Unternehmen unterlassen weitere Anstrengungen der CO2-Reduktion nach Erreichen bestimmter Grenzwerte.

CO2-Preise würden hingegen die richtigen Anreize (nämlich zur Verbrauchsreduktion) setzen und es uns nach und nach ermöglichen, die unerwünschten Externalitäten zu internalisieren (sprich in den Preis einzurechnen). Sie sind technologieoffen und bestrafen zu hohen Verbrauch (wo Subventionen in eine Energiequelle nicht unbedingt den Verbrauch einer anderen mindern). Die "tragedy of the commons", also die Übernutzung von Gütern, die frei, aber nur endlich und rivalisierend im Konsum verfügbar sind, könnte so behoben werden.

Wie Gugler aber richtig anmerkt, scheint es nach wie vor Umsetzungsprobleme zu geben, denn von einer europa- oder gar weltweiten Einführung einer CO2-Steuer sind wir weit entfernt. Die vier Punkte, die er dabei anspricht – eine CO2-Steuer sei sozial nicht verträglich, die optimale Höhe sei unbekannt, die heimische Industrie und österreichische Haushalte würden benachteiligt, ohne Staat ginge es nun einmal nicht – sind, und das scheint mir wichtig zu sein, unter anderem kommunikative Probleme. Das heißt, die Umsetzung einer CO2-Steuer scheitert womöglich daran, dass sie schlecht kommuniziert wird und Akteure in der Debatte ihrer kommunikativen Verantwortung nicht ausreichend nachkommen. Dies möchte ich im Weiteren an drei Beispielen erläutern.

Dass sich die CO2-Steuer noch nicht durchgesetzt hat, um gegen die Klimakatastrophe anzukämpfen, liegt bestimmt auch an Kommunikationsschwierigkeiten.
Foto: APA/AFP/BERTRAND GUAY

Wissenschaft und Medien

Zunächst liegt es in der Verantwortung der Wissenschaft, die Möglichkeiten ihrer jeweiligen Disziplin für die Lösung der anstehenden Probleme des Klimawandels ehrlich und transparent aufzuzeigen. Im Falle der Naturwissenschaften scheint dies gut zu funktionieren, zumindest gibt es viele Ansätze mit Glaubwürdigkeit – etwa welche Technologie besser oder schlechter Energie speichern kann, wo die Möglichkeiten und Grenzen von Autobatterien liegen, wie Wasserstoff erzeugt werden kann und Ähnliches –, und die große kommunikative Aufgabe scheint eher in der Überzeugung der Klimawandelskeptiker zu liegen. Hier schließt die kommunikative Verantwortung der Medien gleich an: Natürlich müssen diese möglichst objektiv auch über den Klimawandel anzweifelnde Resultate der Wissenschaft berichten, ohne gleich der Angst zu verfallen, hier eine klimawandelskeptische Grundstimmung in der Bevölkerung zu erzeugen.

Aber bei meiner Lektüre der entsprechenden Berichte fällt mir auf, dass in dieser Abwägung manchmal vergessen wird, die entsprechend zugrunde liegende Qualität der Forschung klar zu signalisieren: In den sogenannten A-Journals findet man kaum abweichende Meinungen zum wissenschaftlichen Mainstream der Bestätigung des menschlichen Einflusses auf das Klima, und genau so sollte man es auch kommunizieren. Viele "alternative" Forschungen sind genau das: nämlich alternative Fakten. Hier gibt es sehr wohl eine medial und ethisch gut argumentierbare Verantwortung der Medien zur Aufklärung.

Ökonomen müssen kommunizieren

Im Falle der Disziplin Ökonomie scheint die Sachlage etwas komplizierter. Einerseits kann sie aufgrund ihres Forschungsgegenstandes (zum Beispiel menschliche Interaktionen und Entscheidungen in Knappheitssituationen sind nicht leicht zu messen) und ihrer Methodik (zum Beispiel der Versuch, genauso exakt zu operieren wie die Naturwissenschaften, kann nicht dieselben Erfolge zeitigen) leichter kritisiert werden, und tatsächlich gibt es für viele ökonomische Fragen eben mehr als eine Antwort; manche widersprechen sich sogar. Andererseits ist vieles an der ökonomischen Logik, zum Beispiel was Effizienz und Anreizsysteme betrifft, bestechend und hat sehr wohl Implikationen, die die Politik ernst nehmen sollte.

Warum wird von Kritikern so oft über Ersteres und nicht ganz so oft über Letzteres gesprochen? Warum kritisiert man (teilweise berechtigt) Nobelpreisvergaben an neoklassische Ökonomen (die einzige Frau mit einem Wirtschaftsnobelpreis war keine neoklassisch geprägte Forscherin) und deren realitätsfremde und mathematisch aufgeblasene Modelle, anerkennt aber kaum die für unsere Gesellschaft hochrelevanten und problemlösungsorientierten Erkenntnisse der Nobelpreisträger Daniel Kahneman, Amartya Sen oder Elinor Ostrom? Genau deren psychologische, ethische und institutionenorientierte Ökonomik würde sich doch perfekt für die Analyse und Hilfestellung zur Behebung von ökologischen Krisen eignen.

Hier könnte ein Kommunikationsproblem in der wissenschaftlichen Selbstselektion (Journalpolitik, Professurenvergaben) und im mangelnden Öffentlichkeitsdrang vieler Ökonomen liegen (Stichwort Elfenbeinturm); Ausnahmen wie neuere und sehr zugängliche Werke wie "Economics for the Common Good" von Jean Tirole oder die Aktivitäten Amartya Sens für die Uno bei der Neuorientierung von Wohlfahrtskennzahlen an gesellschaftlich relevanten Themen bestätigen die Regel. Auch hier gilt: Wir Ökonomen, Kommunikationswissenschafter, Ethiker und ganz allgemein Sozialwissenschafter müssen hier kommunikative Verantwortung übernehmen.

Ein Platz im Unternehmen

Neben Medien und Wissenschaft gibt es natürlich auch im Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR) eine kommunikative Verantwortung. Unternehmen, die in ihrer Kommunikation über umweltrelevante Themen CSR zum Greenwashing oder als PR-Strategie verwenden, gibt es zuhauf. Die wahre CSR-Aufgabe ist es, so ein gängiges Prinzip der Unternehmensethik, der Verantwortungsübernahme einen konkreten Ort im Unternehmen zu geben, diese nach innen und außen zu kommunizieren und auch über diese zu kommunizieren (also diskursiv und Stakeholder-orientiert Strategien und Unternehmensziele zu erarbeiten). Nur so kann die sogenannte "license to operate", also das legitimierte Handeln von Unternehmen und Organisationen, hergestellt werden.

Dabei gilt es, alle Wertschöpfungsstufen zu analysieren und unter ethischen Vorbehalt zu stellen und die Strategie bezüglich Umweltschutz und CO2-Produktion beziehungsweise -einsparung vor der unbegrenzten Öffentlichkeit zu legitimieren; denn das wäre Vernunft: die Rechtfertigung mittels guter Gründe vor allen anderen, und nicht Rationalität: die Rechtfertigung vor sich selbst unter Effizienz-Gesichtspunkten. Diese Art der Unternehmenskommunikation würde wohl auch helfen, der Bevölkerung einerseits die Ernsthaftigkeit des Problems auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch stärker zu vermitteln, diese Ernsthaftigkeit aber auch gleichzeitig selber im Umgang mit dem Problem nachzuweisen.

Wo das Potenzial liegt

Die drei Beispiele Medien, Wissenschaft und Unternehmen sollten aufzeigen, wo möglicherweise Potenzial für verstärkte kommunikative Verantwortung im Bereich CO2-Produktion beziehungsweise -einsparung liegt. Was den zu Beginn angesprochenen ökonomischen Weg zur Lösung der Problematik betrifft, ist eine erhöhte aufklärerische Tätigkeit im Wege der Kommunikation ökonomischer Potenziale zu wünschen. Wo Marktmechanismen gut und wo sie weniger gut funktionieren, ist mittlerweile ganz gut erforscht, und wie uns Sen gezeigt hat, sind es oft die Freiheitsgrade und alternativen Lösungswege, die Märkte bereitstellen, die, ohne immer schon genau zu wissen, was genau wir entscheiden werden, doch unsere Wohlfahrt erhöhen können (die sogenannte "procedural view of the market"). Elinor Ostrom wiederum fand viele Steuerungsmechanismen für Allmende-Güter, die außerhalb rein staatlicher und marktlicher Regime, aber doch mittels ökonomischer Anreizsysteme organisiert sind. Und zuletzt gibt es aktuell viele Ansätze von Ökonomen, die mittels intelligenter Umverteilungssysteme den Bürgern die Angst nehmen können, eine CO2-Steuer würde eine Gesellschaft in die Armut stürzen. Sollten wir unsere Kommunikationsbemühungen nicht in diese Richtung lenken? (Michael Litschka, 19.8.2019)

Michael Litschka ist Wirtschafts- und Medienethiker und lehrt und forscht an der FH St. Pölten. Er ist zweiter Sprecher des IMEC (Interdisciplinary Media Ethics Centre).