Wer weniger arbeitet, verbraucht in der gewonnenen Freizeit mehr Ressourcen.

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Wir bräuchten jetzt 2,8 Erden, wenn alle so lebten wie wir hier. Wir bräuchten fünf Erden, wenn alle so lebten wie in den USA. Die sogenannte Degrowth-Bewegung verschafft sich medial gerade Gehör und hat starke Berechnungen und zwingende Argumente: Eine Reihe von Ökonomen und Wissenschafter anderer Disziplinen versuchen damit, die Endlichkeit der Ressourcen in die Diskussion zu bringen und das Wachstumsdogma zu brechen, eine nichtwachsende Wirtschaft als zwingend notwendiges Modell jetzt in die Diskussion zu bringen.

Das Ziel ist klar: Leben für neun Milliarden Menschen nachhaltig zu ermöglichen und das notwendige Umdenken in allen Systemen zu befördern. Allesamt sehr unbequeme Wege – es reicht nicht, einmal auf das argentinische Steak zu verzichten oder statt Schnäppchenkauf auf Vintage im Second-Hand-Laden zu machen.

Ein Zugang ist weniger Arbeit. Kürzere Arbeitswochen retten die Erde, lautet dazu die populäre Schlagzeile. Weil dann fallen dadurch weniger Emissionen an. Ja, wenn wir in der gewonnenen Freizeit nicht weiter shoppen, noch mehr fliegen und herum fahren, noch mehr Essen weg werfen usw usf. Dazu hat wiederum die Norwegische University of Science and Technology belegt: Was wir hier konsumieren ist für 80 Prozent des globalen Wasserverbrauchs und für 60 Prozent der bösen Emissionen verantwortlich.

Mehr Ressourcenverbrauch in der Freizeit

Kürzer arbeiten klingt aber mal gut, vor allem, weil die bekannten 30-Stunden-Modelle auf vollem Lohnausgleich basieren. Weil die Arbeit verdichtet wird und sogenannte Leerläufe sogenannt eliminiert werden. Das geht sich fürs Weltverbessern eigentlich recht gut aus und ist nicht besonders ungemütlich. Aber: Degrowther rechnen vor, dass dann eben das passiert: In der gewonnen Freizeit maximiert sich der Ressourcenverbrauch.

Sie verlangen deswegen Einkommensverlust, um die Möglichkeiten zu beschränken. Da geht es schnell um Verzicht, um echte Änderung des Komforts. Da wird es dann sehr unangenehm und Degrowther machen sich so unbeliebt wie einst der Prophet Jesaja mit "Kehret um".

Tatsächlich kommt die Diskussion schnell zum bedingungslosen Grundeinkommen, zum Abdecken der Versorgungsbedürfnisse, weil die Verteilungsdiskussion nicht mehr funktioniert. Wir müssen diesen Diskurs aber einfordern. Wer traut sich? (Karin Bauer, 17.8.2019)