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Es hat sich herumgesprochen: Mode soll heute bitte unter fairen Bedingungen und möglichst ökologisch hergestellt sein. Daneben gibt noch eine Reihe anderer Faktoren, die den Kauf eines neuen Kleidungsstücks sinnvoller gestalten können. Nicht nur die Produktion, sondern die gesamte Wertschöpfungskette ist dabei wichtig. Was ist Mode mit Zukunft?

Die schlechte Nachricht: Grundsätzlich belastet jeder Neukauf die Umwelt, denn für die Herstellung werden immer Ressourcen verbraucht und CO2 ausgestoßen, egal ob öko oder nicht. Greenpeace sieht daher in der Überproduktion das Hauptproblem der Modeindustrie: Generell muss weniger Stoff produziert werden, heißt es in einem Bericht der NGO.

Die gute: Falls es trotzdem ein neues Kleidungsstück sein soll, kann der ökologische Fußabdruck durch bewusste Entscheidungen minimiert werden. Vorausgesetzt, man bedenkt dabei den gesamten Produktlebenszyklus und auch, wie es nach dem Kauf weitergeht. "Es gibt keine schnelle Antwort auf die Frage, wie man möglichst 'gut' einkauft – das soll aber nicht heißen, dass man sich keine Gedanken machen soll. Sinnvollere Alternativen gibt es heute überall", sagt Jürgen Janssen vom Bündnis für nachhaltige Textilien, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern.

Zeit investieren

Zeit spielt im Entscheidungsprozess eine wichtige Rolle. Die sollte man sich nehmen, um zu überlegen, was man genau braucht und welche Eigenschaften das neue Teil haben soll. Außerdem macht eine Recherche von Marken und Händlern Sinn: Ist das Unternehmen grundsätzlich auf ökologische und soziale Standards bedacht?

"Ein guter Indikator dafür sind Siegel und Zertifizierungen wie die Fair Wear Foundation. Auch ein Blick in den Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens geht schnell und kann eine Entscheidungshilfe sein", sagt Janssen. Greenpeace hat dazu einen Einkaufsratgeber herausgegeben, der Auskunft über die verschiedenen Textilsiegel gibt.

Achtet man auf zeitloses Design und hochwertige Faserqualität, ist emotionale und materielle Langlebigkeit eher gegeben als bei Fast Fashion. Man hat länger Freude daran, und eine stärkere Bindung zur Kleidung entsteht. Klar: Je länger das Shirt getragen wird, ohne durch ein neues ersetzt zu werden, desto besser am Ende die Bilanz.

Viele Kleidungsstücke werden weniger als zehnmal getragen, bevor sie entsorgt werden. Im Schnitt sind nur 20 Prozent einer gesamten Garderobe wirklich in Verwendung.

Massenproduktion – eine Modeerscheinung.
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Wassersünder Modeindustrie

Wasser ist ein weiterer Faktor, der die Nachhaltigkeit eines Kleidungsstücks bestimmt. Generell verschmutzt die Modeproduktion Flüsse, Grundwasser und Meere. Auch die Wahl des Materials wirkt sich auf das Wasser aus: Baumwolle etwa benötigt viel Wasser im Anbau. "Biobaumwolle verbraucht zwar weniger als konventionelle, steht aber dennoch in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion in den meist niederschlagsarmen Anbaugebieten", so Janssen. Selbst Biobaumwolle ist, wenn es um den Wasserverbrauch geht, also nicht völlig unbedenklich.

Eine Alternative ist Hanf, der nicht nur im Anbau viel weniger Wasser benötigt, sondern auch als fertiges Textil gut ausgelüftet werden kann und somit seltener gewaschen werden muss.

Erdölbasierte Kunstfasern wie Polyester und Nylon hingegen sind weniger atmungsaktiv und fördern so die Schweißbildung. Bei jedem Waschgang geben solche Materialien außerdem Mikroplastik ins Wasser ab – bei einem Waschgang von fünf Kilogramm Kunstfasertextilien können das sechs Millionen Mikrofasern sein. Ein Problem, das bei reinen Naturfasern nicht besteht.

Der Weg der Fasern

Woher die Fasern stammen und wo die Textilien verarbeitet werden, spielt ebenfalls eine Rolle. "Im Moment gibt das Etikett leider nur Auskunft über den Ort, an dem das Textil genäht wurde", sagt Janssen. Fasern, die aus Europa stammen, halten die Transportwege kurz. Auch bestimmte Arten von Viskose, die aus heimischer Holzfaserzellulose und Pflanzenresten gewonnen werden, sind dahingehend von Vorteil und unter bestimmten Bedingungen zukunftsfähig.

"Die traditionelle Herstellung von Viskose ist relativ energie- und chemieintensiv. Der Prozess kann aber wesentlich umweltfreundlicher gestaltet werden", sagt Janssen. Nachhaltige Versionen sind etwa Lyocell- und Modalfasern. Bei ihrer Herstellung kommt ressourcenschonender Zellstoff, etwa aus Pflanzenabfällen oder Baumwollstoffresten, zum Einsatz. Die bei der Verarbeitung nötigen Chemikalien werden immer wieder rückgeführt und weiterverwendet.

Ewiger Kreislauf?

Ressourcen zu schonen gilt überhaupt als Credo für die Zukunft der Textilindustrie. Dabei steht besonders der Kreislaufgedanke im Vordergrund: Textilien sollen wieder zu neuen Textilien verarbeitet, Abfälle so überflüssig werden. Der Weg ist aber noch weit: "Ein recyceltes Baumwollshirt ist im Laborbereich schon möglich, aber immer noch eine große Herausforderung für die Industrie", sagt Janssen.

Etwa ein Viertel der in Deutschland gesammelten Altkleider wird recycelt – die Faser bekommt also noch einmal eine neue Funktion, wird aber nicht mehr zu Kleidung. Aus geschredderten Altkleidern werden Putzlappen oder Dämmstoffe.

Diese Verwertung aussortierter Altkleider allein ist noch kein Kreislauf, denn letztendlich wird aus diesen Recyclingprodukten wieder Müll. Die Umwandlung der alten Fasern in brauchbare neue Stoffe gestaltet sich schwierig, weil eine Identifikation des Materials fast unmöglich ist. Ein Großteil der heute produzierten Mode besteht außerdem aus Mischgewebe.

Will man beim Kauf sichergehen, dass ein Kleidungsstück ein zweites Leben haben kann, ist es wichtig, zu reinen Fasern zu greifen: Für die Wiederverwertung des Stoffes ist die Reinheit besonders wichtig. Einige Labels weisen auch darauf hin, dass ihre Stücke zurückgegeben und recycelt werden können, andere bieten eine lebenslange Reparatur oder Rücknahme an, damit keine Rohstoffe am Müll landen. Manche natürlichen Textilien sind sogar kompostierbar – aber nur, wenn der Hersteller darauf hinweist. Hier sind nämlich auch noch Nähte und Färbung entscheidend.

Arbeiterinnen im Senegal sortieren in einem Recyclingzentrum Secondhand-Textilien.
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Neue alte Stoffe

Immer mehr Labels setzen in ihren Kollektionen außerdem auf die Verarbeitung von Altbeständen großer Stoffhersteller oder nähen aus Textilabfällen der Großindustrie neue Stücke. Experimentiert wird auch mit Textilien aus Lebensmittelabfällen wie ungenießbar gewordener Milch oder Kaffeesatz.

Will man sich schließlich von einem Kleidungsstück trennen, das noch gut erhalten ist, kann man es verkaufen oder spenden. Das Thema der nachhaltigen Mode mag komplex erscheinen. Die britische Designerin Vivienne Westwood bringt es auf den Punkt: "Buy less, choose well, make it last." (Pia Gärtner, 18.8.2019)

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