Unter bestimmten Umständen wird ganz genau aufs Geld geschaut.
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Wien/Klosterneuburg – Die Bereitschaft, staatliche Leistungen mit einem Teil des Gehalts zu finanzieren – kurz: Steuern zu zahlen –, ist nicht ausschließlich eine Frage individueller Einstellungen. Auch die gesamtgesellschaftliche Verfassung spielt eine wichtige Rolle, berichten österreichische Forscher im Fachjournal "Nature". Ist das Gefälle zwischen Reich und Arm zu groß, sinkt die Bereitschaft zu zahlen deutlich.

Für ihre Studie griffen die Forscher um Christian Hilbe vom Institut für Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg und den österreichischen Biomathematiker Martin Nowak von der Harvard University (USA) sowohl auf die Spieltheorie als auch auf Computersimulationen und ein Verhaltensexperiment zurück. Für dieses wurden Zweiergruppen mit wachsendem Einkommensgefälle zusammengestellt.

Akzeptable und inakzeptable Unterschiede

Ungleichheit sei nicht kategorisch als schlecht anzusehen: "Wenn manche Menschen mehr Erfahrung oder eine höhere Lösungskompetenz bei gewissen Aufgaben vorweisen können, kann eine gewisse Einkommensungleichheit sogar von Vorteil sein, um sicherzustellen, dass weiterhin alle beitragen", so die Forscher. Ein höheres Gehalt, als es andere haben, motiviere hochproduktive Menschen, auch größere Summen an die Gemeinschaft abzutreten.

Extreme Ungleichheit wäre hingegen kontraproduktiv. Hier hänge der einkommensschwächere Partner ganz von der "Gnade" des anderen ab. Die Kooperationsbereitschaft, wie sie zwischen zwei gleichwertigeren Partnern bestehe, sinke Richtung null. Ausgerechnet diejenigen mit höherem Einkommen sind nach den Ergebnissen der Forscher als erste "weniger geneigt, ihren Anteil zu staatlichen Aufgaben beizutragen". Dies wiederum reduziert den Kooperationswillen der Menschen mit niedrigsten Einkommen drastisch.

Dadurch ende die Zusammenarbeit schnell, was sowohl für die reicheren wie ärmeren Schichten von Nachteil ist und die Finanzierung wesentlicher Dienste für die Gesellschaft gefährdet. "Diese Ergebnisse könnten für politische Entscheidungsträger, die für die kontinuierliche Unterstützung öffentlicher Güter und Dienstleistungen wie Steuern, Gesundheitswesen und Bildung verantwortlich sind, von Interesse sein", so die Wissenschafter. (APA, red, 15. 8. 2019)