Hand in Hand: Samsung und Microsoft.

Foto: Samsung

Die Vorstellung von Samsungs Galaxy Note 10 hatte geradezu Symbolcharakter: Während der südkoreanischer Hersteller den Namen "Android" im Verlauf der gesamten Veranstaltung kein einziges Mal erwähnte, nahmen andere Partner eine zentrale Rolle bei dem Event ein. Microsoft-Chef Satya Nadella war persönlich angetreten, um die enge Kooperation zwischen den beiden Unternehmen zu betonen.

Das Microsoft Android

Ab sofort wird das Note 10 auch in Österreich verkauft. Während es bei der Hardware eher moderate – oder in Teilen sogar kontroverse – Änderungen im Vergleich zum Vorgänger gibt, fällt vor allem die fortschreitende Wandlung in Softwarefragen auf. Wüsste man es nicht besser, könnte man schnell annehmen, dass auf dem Note 10 ein Betriebssystem von Microsoft läuft. Und genau genommen hätte man damit nicht einmal so unrecht. Denn auch wenn natürlich als Softwarebasis weiter das von Google gelieferte – und von Samsung stark veränderte – Android läuft, sieht es bei den für die Nutzer wirklich sichtbaren Funktionen komplett anders aus. Diese kommen immer öfter von Microsoft, wer will, könnte angesichts dessen gerade beim Note 10 mit gewissem Recht von einer Art "Microsoft Android" reden.

Das fängt bei den vorinstallierten Apps an: Auf dem Note 10 werden zunächst die Office-Programme von Microsoft vorinstalliert – inklusive der Mail-App Outlook. Doch auch Linkedin und One Drive werden fix mitgeliefert. Gleichzeitig ist das Unternehmen recht augenscheinlich bemüht, die Google-Präsenz auf das absolute Minimum zu beschränken. Und das heißt in diesem Fall: das, was Samsung durch die Android-Lizenzbedingungen zwingend vorgeschrieben wird. Und selbst davon sind nur zentrale Dienste wie der Play Store oder die Google-Suche prominent platziert – alles andere vergräbt man in einem Unterordner.

Zusammenspiel

Doch die Samsung-Microsoft-Partnerschaft geht noch wesentlich tiefer: Unter dem Namen "Link to Windows" sollen künftig Foto, Messages und Benachrichtigungen mit dem Windows-10-Desktop abgeglichen werden. Das ist zwar mithilfe der "Your Phone"-App auch bei anderen aktuellen Android-Geräten möglich. Bei Samsungs neuestem Smartphone sind all die dafür notwendigen Komponenten aber bereits vorinstalliert. Dazu kommt dann noch eine neue Version von Samsungs Desktop-Modus "DeX": Wird das Note 10 mit einem Windows-Rechner verbunden, werden die Android-Inhalte als Fenster auf dem Desktop angezeigt. Selbst Drag & Drop zwischen den beiden Systemen funktioniert hier.

Der neue DeX-Modus am Note 10.
삼성전자 뉴스룸 [Samsung Newsroom]

Im Herbst soll dann noch die Möglichkeit folgen, von Windows aus Anrufe mit einem Samsung-Smartphone zu initiieren. Eine direkte Kooperation gibt es zudem rund um die Galerie-App: Diese wird zwar weiter von Samsung entwickelt, als Cloud-Speicher soll aber Microsofts One Drive dienen. Damit arbeiten die beiden Unternehmen gemeinsam an einer Konkurrenz zu Google Photos.

Schleichende Übernahme

Dass das Note 10 auch über den Microsoft Store verkauft werden soll, ist da nur mehr konsequent – und zeigt gleichzeitig auch, wie sehr sich die Zeit geändert hat. Gab es doch vor rund zwei Jahren bereits kurz eine eigene "Microsoft Edition" des Galaxy S8. Beim Note 10 ist das nicht mehr nötig: Hier ist die Microsoft-Ausgabe zum Standard geworden.

Aus strategischer Sicht ergibt die enge Kooperation zwischen den beiden Unternehmen durchaus Sinn. Samsung kann seine Smartphones so als optimale Plattform für Windows-Nutzer verkaufen – und von denen gibt es bekanntermaßen eine ganze Menge. Und Microsoft bekommt hier eine prominente Positionierung beim weltgrößten Smartphone-Hersteller. Damit kann man den Umstand, dass aus den eigenen Smartphone-Plänen nichts geworden ist, leichter verdauen. Bei Google dürfte man über diese Entwicklung hingegen deutlich weniger erfreut sein, immerhin wird man so bei Samsung-Geräten zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Freilich hat man noch jede Menge andere Partner, die deutlich kooperationswilliger sind – zumindest solange ihnen die US-Politik nicht den Brei verdirbt. (Andreas Proschofsky, 23.8.2019)