Herbert Kickl (links) und Norbert Hofer sind sich nicht ganz grün.

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Die Causa Casinos-Postenschacher hat es für die FPÖ nach Ibiza-Gate gerade noch gebraucht. Nach den Hausdurchsuchungen beim blauen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, seinem Freund und früheren FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Klubobmann Johann Gudenus, beim freiheitlichen Casinos-Finanzchef und Nationalbank-Generalratsmitglied Peter Sidlo und der freiwilligen Nachschau in einem FPÖ-Bildungshaus in Osttirol werden die Gräben innerhalb der Partei immer tiefer.

Und auch die Spannungen an der Parteispitze nehmen zu. Hier Parteiobmann Norbert Hofer (er steht auf der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl an erster Stelle), der die Wogen innerhalb der FPÖ bis zur Wahl Ende September glätten will – und da Ex-Innenminister und Bundeslisten-Zweiter Herbert Kickl, der Konfrontationen noch nie aus dem Weg gegangen ist.

Kickl gegen Hofer

Immer öfter gebe es hinter den Kulissen Auseinandersetzungen zwischen Hofer und Kickl, der darauf aus sei, die Partei zu übernehmen, behaupten Eingeweihte. Während Hofer bemüht sein soll, Ruhe zu bewahren, wolle Hardliner Kickl, der die blauen Kernwähler hinter sich weiß, in der Partei aufräumen. Zuletzt soll es rund um den sogenannten Historikerbericht zur FPÖ-Vergangenheit zu Dissonanzen zwischen Kickl und Hofer gekommen sein. Ersterer habe auf die Veröffentlichung des Berichts gedrängt, Zweiterer habe sich aber mit seinem Plan durchgesetzt, wonach der höchstumstrittene Report erst nach der Wahl bekanntgemacht werden soll. Davor soll allerdings noch Parteiideologe Andreas Mölzer nach Israel reisen und der FPÖ quasi das Placet von israelischen Historikern einholen, ist zu hören.

Philippa Straches Rolle

Die Kernfrage, um die sich in der FPÖ derzeit fast alles dreht: Wie umgehen mit Strache, der auf Biegen und Brechen in die Politik zurückkehren will und hinter dem sich noch immer jede Menge FPÖ-Funktionäre versammeln, vor allem in Wien? Strache sei seit seinem Rücktritt aus allen Parteifunktionen völlig unsteuerbar geworden, erzählen Insider. Ob seine Homepage, über die sich der Privatmann wie eh und je öffentlich inszeniert; oder Straches Ankündigung, seine Ehefrau Philippa in deren Nationalratswahlkampf unterstützen zu wollen; oder sein Interview mit russischen Medien im FPÖ-Büro, das er ohne Absprache mit der Partei ebendort geführt habe: Strache, gegen den die Justiz sowohl in der Ibiza- als auch in der Casinos-Causa ermittelt und für den wie für alle anderen Genannten die Unschuldsvermutung gilt, tut, was er will. Er hält die FPÖ in Atem – und er spalte sie, wie Insider berichten.

Machtwort

"Entweder Parteichef Hofer haut endlich auf den Tisch und stoppt Strache und seine Leute, oder das Schiff FPÖ wird untergehen", meint einer von ihnen. Denn Strache sei trotz all seiner Probleme immer noch in der Lage, parteiintern zu mobilisieren. Er kämpfe im Untergrund und trachte danach, beim Bundesparteitag in Graz am 14. September den Spieß umzudrehen und die jetzige Parteiführung zu kippen, so die These.

Strache mischt seine Partei ordentlich auf.
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Hofer schaue bei all dem zu, weil er weiteren Trubel und Turbulenzen verhindern wolle, habe sogar abgenickt, dass die Partei Ex-Vizekanzler Strache ein Büro in Wien eingerichtet und ihm zwei Sekretärinnen zur Verfügung gestellt habe. All das schwäche den Parteichef. Abseits vom strammen Law-and-Order-Politiker Kickl, der allerdings auch parteiintern umstritten ist, mangle es der FPÖ an Galionsfiguren, kritisieren Freiheitliche.

Problembär Fuchs

Dass auch noch Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs als Beschuldigter in der Casag-Novomatic-Affäre geführt wird, vereinfacht die Lage auch nicht gerade. Für die Nummer drei auf der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl kommen die Vorwürfe höchst ungelegen. Auch Fuchs bestreitet selbige vehement, auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Freiheitliche zeichnen schon an einem blauen Schreckensszenario für den Parteitag in Graz, der zu einem zweiten Knittelfeld werden könne. Zur Erinnerung: Am 7. September 2002, während der ersten schwarz-blauen Koalition unter Kanzler Wolfgang Schüssel, kam es auf dem Parteitag in Knittelfeld zu einer Art Aufstand gegen die Parteispitze, etliche FPÖ-Minister samt Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer traten in der Folge zurück. Jörg Haider war zwar 2000 als Parteichef zurückgetreten und fungierte seither als "einfaches Parteimitglied", wie er es nannte, die Fäden zog er aber trotzdem.

In den darauffolgenden Nationalratswahlen verlor die FPÖ rund zwei Drittel ihrer Wähler, die schwarz-blaue Koalition wurde aber trotzdem fortgesetzt – 2005 spaltete sich die Splittergruppe BZÖ unter Haider dann von der FPÖ ab.

Sollte man Strache und seine Unterstützer nicht in ihre Schranken weisen und der Korruptionsvorwürfe nicht Herr werden, wird "Knittelfeld nichts dagegen gewesen sein", prognostiziert ein Freiheitlicher. Allerdings sind die Wähler immer wieder für eine Überraschung gut. So konnte die FPÖ bei der jüngsten EU-Wahl Ende Mai einen drohenden Absturz vermeiden. Trotz Ibiza-Gates. (Renate Graber, 16.8.2019)