Die Vorratsdatenspeicherung soll zurückkehren.

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Die vor einigen Jahren vom Europäischen Gerichtshof wegen Unverhältnismäßigkeit gekippte Vorratsdatenspeicherung soll zurückkehren. Es soll eine Möglichkeit gefunden werden, das anlasslose Sammeln von Telekommunikationsdaten doch noch auf Schienen zu bringen. Die Datenschützer von Digitalcourage haben nun Unterlagen veröffentlicht, die zeigen, was in Zukunft alles gespeichert werden könnte.

Auf Minimum beschränken

Europol hatte im Auftrag des EU-Rats eine Datenmatrix erstellt, die für Ermittler relevante Datenkategorien auflisten soll. 2016 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit den Grundrechten unvereinbar ist. Eine Vorratsdatenspeicherung müsse sich auf das Minimum und nur die für die Strafverfolgung absolut notwendigsten Daten beschränken. Diese sollten mit der Datenmatrix ermittelt werden.

In der 45 Seiten langen Tabelle, die Digitalcourage vorliegt und auf der Seite des Vereins veröffentlicht wurde, werden 487 verschiedene Datenkategorien gelistet. Unter anderem findet man darin auch überraschende Kategorien wie die Anzahl genutzter Klingeltöne. War man zunächst noch davon ausgegangen, dass zumindest diese Daten gestrichen werden könnten, zeigen weitere Unterlagen anderes.

Klingeltöne sollen gespeichert werden

In einem Papier von Europol heißt es etwa, dass bestimmte kriminelle Gruppen einen auf Klingeltönen basierten Morsecode zur Kommunikation verwenden würden. Das hätten mehrere Forensikexperten bestätigt. Auch sollen sogenannte Over-the-top-Anbieter zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet werden. Dazu gehören etwa Messenger-Dienste wie Whatsapp, Signal, Telegram und Facebook Messenger. In dem Papier heißt es, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht nur für den Kampf gegen schwere Kriminalität eingesetzt werden sollte. Und im Zuge der Weiterentwicklung von Technologie – Europol nennt etwa 5G – könnten sich in Zukunft noch weitere Datenkategorien ergeben.

Die österreichische Ratspräsidentschaft hatte im November 2018 erklärt, dass es schwierig bis unmöglich sei, diese Liste an Daten noch weiter zu reduzieren. Es handle sich damit nicht um eine "allgemeine und unterschiedslos Vorratsdatenspeicherung", die der EuGH als widerrechtlich eingestuft habe. Denn die Liste der Datenkategorien beruhe im Wesentlichen auf Standards des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) und sei eine gefilterte Version der technisch verfügbaren Datenkategorien.

EU-Kommission mit Studie beauftragt

Im Juni wurde die EU-Kommission vom EU-Rat mit einer Studie zur Vorratsdatenspeicherung beauftragt. Diese soll dazu dienen, Informationen zu sammeln, welche Daten Strafverfolgungsbehörden benötigen und wie damit eine legale Version der Datensammlung auf den Weg gebracht werden kann. Bis zum Jahresende sollen erste Ergebnisse daraus vorliegen. Die Datenschützer warnen weiterhin vor den anlasslosen Speicherung. "In dem zwei Jahre laufenden 'Reflexionsprozess' ist nicht ein Vorschlag gemacht worden, der unserer Einschätzung nach den Maßstäben des Europäischen Gerichtshofs genügt", sagt David Leeuwenstein von Digitalcourage. Auch sei die Vorratsdatenspeicherung noch nicht in allen Mitgliedsstaaten juristisch aufgearbeitet. In dieser Zeit dürften keine neue Gesetzgebungen verhandelt werden. Kritisiert werden auch die Verhandlungen im Geheimen. (red, 16.8.2019)