Johann Gudenus, seine Ehefrau und Heinz-Christian Strache auf Ibiza. Auch dabei: Mittelsmann J. H., der gegen Berichterstattung vorgeht.

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Die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" hat vor einem Berliner Gericht eine Niederlage wegen ihrer Berichterstattung über die Hintermänner des Ibiza-Videos erlitten. Ihr Investigativchef Holger Stark hatte sich in einem langen Artikel Anfang Juli auf eine Spurensuche in Wien begeben.

In dem Text beschrieb er das Vorleben einiger Personen, die an der Produktion oder Verbreitung des Videos beteiligt gewesen waren, das die FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu Fall brachte. Daraufhin klagte der Münchner Detektiv J. H., der im Ibiza-Video zu sehen ist, die "Zeit".

Vergangene Woche kam es in Berlin zur Verhandlung. Am Freitag wurde das Urteil, das eine herbe Niederlage für die "Zeit" darstellt, verkündet. Nun gibt es dazu auch die schriftliche Urteilsbegründung, die dem STANDARD vorliegt.

In Anbahnung involviert

J. H. war nicht nur in der Finca anwesend, sondern auch zuvor bei der Anbahnung des Treffens mit Gudenus in Kontakt. Die "Zeit" beschrieb in ihrem Artikel, welche Gerüchte über J. H. kursieren. Dabei ging es unter anderem um seine angebliche Ausbildung und frühere Tätigkeit für Behörden. Gestützt wurde das durch ein Exposé seines ehemaligen Arbeitgebers.

Das Gericht sieht in der "Verbreitung von Spekulationen über die vorherigen beruflichen Verbindungen" des Detektivs "keine sachliche Information von Öffentlichkeitswert". Vielmehr könne dies zu "haltlosen Verschwörungstheorien führen". Spannend ist hier, dass das Gericht den Mossad erwähnt, der im Text der "Zeit" aber kein einziges Mal vorkommt.

Zu einem Vorfall im Zusammenhang mit Suchtgift sagt das Gericht, dass die Berichterstattung darüber den Detektiv "in der Öffentlichkeit in einem negativen Licht" erscheinen lasse. Es liege lange zurück, das Interesse von J. H. "am Schutz seiner Persönlichkeit und der Achtung seines Privatlebens" überwiege hier das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Die "Zeit" hatte argumentiert, dass Letzteres sehr wohl gegeben sei, weil die im Video gezeigten FPÖ-Politiker Strache und Gudenus behaupteten, möglicherweise bei den heimlichen Aufnahmen unter Drogen gesetzt worden zu sein. J. H. versicherte eidesstattlich, dass er ihnen keine Drogen verabreicht habe und auch nicht wisse, dass Dritte dies getan hätten.

Es wird wohl berufen werden

Auch über andere Vorfälle aus dem Vorleben des Detektivs kann nicht berichtet werden; ebenso wird ein Zitat über angebliche Motive für die Produktion des Videos verboten, das J. H. laut "Zeit" über Mittelsmänner geäußert hatte. Einen Erfolg gab es für die "Zeit" lediglich in der Frage, ob über aktuelle Ermittlungen gegen J. H. berichtet werden darf. Das bestätigt das Landgericht sogar. Zwar ist laut Gericht nicht sicher, ob der Detektiv mit der Aufnahme eine kriminelle Handlung gesetzt habe, da heimliche Aufnahmen in Spanien – also auf Ibiza – erlaubt sind, wenn man selbst darauf zu sehen ist. Aber dass die österreichischen Ermittler das prüfen, sei berichtenswert.

Nach der mündlichen Urteilsverkündung sprach Jörg Nabert, Anwalt der "Zeit", von einer "unzumutbaren Einschränkung der Pressefreiheit". Er wird deshalb den Gang in die Berufung empfehlen. Derzeit laufen mehrere Verfahren, die einerseits die Hintermänner des Videoclips selbst angestrengt haben – neben der "Zeit" auch gegen den Blog "EU-Infothek"; andererseits hat beispielsweise Gudenus jenen Wiener Anwalt geklagt, der seine Beteiligung am Video bereits zugegeben hat. (fsc, 16.8.2019)