Die britische Theaterkompanie Stan's Cafe zeigt in Alpbach die Installation "Of All The People in All The World": Reiskörner illustrieren politische Realitäten und Besitzverhältnisse.

Foto: Ed Dimsdale

Auf Tradition wird bei der Eröffnung des Europäischen Forum Alpbach Wert gelegt, auf den sonntäglichen Kirchgang folgt ein landesüblicher Empfang samt Schützen, Ehrensalve und Begrüßungsschnapserl unter den mit Geranien geschmückten Alpbacher Holzbalkonen.

Eigentlich stammt der traditionelle Tiroler Blumenschmuck aus Afrika und fand erst ab dem 19. Jahrhundert weite Verbreitung in Europa. Eine Migrationsgeschichte aus dem Reich der Botanik, zu der sich im Alpbacher Kongresszentrum jene Geschichten und Erinnerungen von Menschen in Europa gesellen, die Ruth Beckermann 2003 für das Projekt europaMemoria gesammelt hat.

Kunst zwischen Sponsoren

Das Foyer ist nicht gerade ein dankbarer Präsentationsort, muss sich die Videoinstallation hier doch gegen Sponsorenplakate und die Hast der Forumsteilnehmer behaupten. Andererseits spiegelt die Situation auch ein wenig die Rolle von Kunst und Kultur beim Forum Alpbach wider: Sie sollen kein vom Rest der Veranstaltung separiertes Programm bilden, sondern diese mit neuen und unbequemen Blickwinkeln gleichsam durchsetzen.

Was unterschiedlich gut gelingt. Die künstlerischen Interventionen, die in die jeweiligen Eröffnungen der Gespräche zu Politik, Wirtschaft oder Technologie "eingeschleust" werden, haben durchaus schon spannende Reibungen erzeugt, etwa als 2015 das Zentrum für Politische Schönheit die anwesende Politprominenz immer und immer wieder zum Gedenken an die Flüchtlingstoten aufstehen ließ.

Mengen von Reis

Seit 2018 ist Elisabeth Schack, ehemals Dramaturgin bei den Wiener Festwochen, für die Programmierung zuständig, dieses Jahr lud sie die britische Theaterkompanie Stan's Cafe mit der Installation Of All The People in All The World nach Alpbach ein: Unterschiedliche große Berge aus Reiskörnern sind in einem ehemaligen Lebensmittelladen im Dorfzentrum das ebenso simple wie eingängige Sinnbild für Besitz- und Mengenverhältnisse, Migranten- und Millionärszahlen, soziale und politische Realitäten.

Performatives kommt von Willi Dorner mit einer Straßenbesetzung auf Stühlen im öffentlichen Raum (It Does Matter Where, 18. August) und Christine Gaigg in der Alpbacher Pfarrkirche (DeSacre!, 27. 8.).

Baustelle Mensch

Am Eingang zum Kongresszentrum errichtete wiederum der ladinische Bildhauer Lois Anvidalfarei aus einem alten Stahlgerüst eine Baustelle Conditio Humana, in der seine überlebensgroßen, auch vom Pathos schweren Bronzefiguren hängen. Christoph Dienz' Komposition Gerüst wird im Rahmen der Eröffnung am Samstag uraufgeführt.

Und Ruth Beckermann lud unter anderem Georg Friedrich Haas und Elfie Semotan zum Künstlergespräch, Letztere zeigt im Kongresszentrum auch eigene Arbeiten. Ein paar Kilometer talauswärts bestreitet die Galerie Schmidt in Reith im Alpbachtal mit Hans Weigand ihre traditionelle Schau zum Forum Alpbach. (Ivona Jelcic, 17.8.2019)