Nachdem ÖVP-Chef Sebastian Kurz die Justiz attackiert und ihr eine "Schmutzkübelkampagne" vorgeworfen hatte, ließen die Reaktionen nicht lang auf sich warten. Die Staatsanwälte weisen jeglichen Vorwurf der Parteilichkeit vehement von sich. Auf die konkreten Äußerungen des ÖVP-Chefs wolle sie zwar nicht eingehen, meint deren Standesvertreterin Cornelia Koller im Gespräch mit dem STANDARD. Sie betone aber, dass "die Staatsanwälte jede Anzeige unabhängig vom Anzeiger bezüglich ihres Inhalts prüfen, und dafür gibt es genaue gesetzliche Vorgaben".

Anschein der Befangenheit

Der implizite Vorwurf der ÖVP, Justizminister Clemens Jabloner agiere als Handlanger des politischen Gegners, sei unangebracht: "Dieser Anschein wurde uns ständig vorgeworfen, egal welcher Partei der Justizminister angehört hat", sagt Koller. Durch die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage Jabloners an die Neos war bekannt geworden, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft einen Konnex zwischen dem Ibiza-Video und dem Schreddern von Festplatten des Bundeskanzleramtes durch einen ÖVP-Mitarbeiter für möglich hält.

Die ÖVP beschuldigt Justizminister Clemens Jabloner indirekt, parteiisch zu sein. Die Behauptung, die ÖVP habe von Ibiza gewusst, sei "Schmutzkübelwahlkampf".
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Wer den Anschein der Befangenheit der Staatsanwaltschaft beseitigen wolle, müsse eben die politische Weisungsgebundenheit der Ankläger aufheben, meint Koller. "Nur so kann man das lösen", sagt sie – und gibt damit den Ball zurück an die ÖVP, die sich bisher gegen die Abschaffung der ministeriellen Weisungsspitze ausgesprochen hatte.

Jabloner selbst wollte sich zu den Vorwürfen seitens der ÖVP am Freitag nicht äußern. Seine Sprecherin betont aber, dass man lediglich eine Anfrage ordnungsgemäß beantwortet habe.

ÖVP droht mit Klagen

Die ÖVP droht nun außerdem damit, "jeden" zu klagen, der behauptet, die Volkspartei habe etwas mit dem Ibiza-Video zu tun. Koller beeindruckt das wenig: Bezüglich des Verfahrens sei alles "völlig korrekt" abgelaufen. Die Behörde an sich könne außerdem gar nicht geklagt werden.

Auch in allen anderen Parteien ist die Empörung über die Aussagen seitens der Volkspartei groß. Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und Neos-Politikerin Irmgard Griss fordert die ÖVP auf, "Einschüchterungsversuche" gegenüber der Justiz zu unterlassen. SPÖ-Wahlkampfmanager Christian Deutsch wertet die Unterstellungen der ÖVP als "unfassbare Grenzüberschreitung". Die Volkspartei müsse ihre Angriffe auf die unabhängige Justiz "sofort einstellen und diese arbeiten lassen".

FPÖ zieht ÖVP in Ibiza-Sumpf

Die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft führt derzeit Ermittlungen gegen mehrere Politiker oder ihr Umfeld.
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Die ÖVP bleibt strikt dabei, dass die Partei "mit dem Ibiza-Video und einer möglichen illegalen Parteienfinanzierung der FPÖ nichts zu tun" habe. Die Freiheitlichen sehen das offenbar anders: Der ehemalige Koalitionspartner der Türkisen zog die ÖVP am Freitag weiter in den Ibiza-Sumpf hinein und nannte einen Zusammenhang zwischen Ibiza-Gate und Schredder-Affäre "plausibel". Dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft das erkannt habe und nun Ermittlungen durchführe, sei "zu begrüßen", erklärt FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung.

Der blaue EU-Abgeordnete hat noch eine weitere Mutmaßung parat: "Der Verdacht, dass nicht nur Neos und SPÖ, sondern vor allem auch die ÖVP bereits seit Sommer 2017 vom Ibiza-Video Kenntnis hatte, wird immer konkreter." Er fordert die ÖVP auf, nun Stellung zu beziehen.

ÖVP bleibt dabei: "Schmutzkübel"

Die reagierte aber auch am Freitag mit bekannten Worten: SPÖ, FPÖ, Neos und Pilz sollten als Koalition "vereinigter Schmutzkübler" die Angriffe auf Parteichef Sebastian Kurz und die Volkspartei doch endlich unterlassen. (Katharina Mittelstaedt, Maria Sterkl, 16.8.2019)