Strache betont seine Unschuld.

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Erst Ibiza, dann die Casinos Austria AG: Heinz-Christian Strache muss sich inzwischen in gleich zwei höchst brisanten Causen schwerwiegende Vorwürfe anhören. Doch er wäre nicht Strache, der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef, wenn er nicht alsbald in die Gegenoffensive gehen würde. So geschehen am Freitag, als er die österreichische Medienlandschaften im Halbstundentakt zu Interviews im Büro seines Anwalts lud.

Mit einer Dosis Red Bull gestärkt wiederholte er seine Anschuldigungen, wonach die Razzia am Montag politisch motiviert gewesen sei und mit den Nationalratswahlen in Verbindung stehe. Denn: Die anonyme Anzeige, auf die sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft rund um die Bestellung von Peter Sidlo zum Casinos-Finanzchef stützt, stamme vom 21. Mai dieses Jahres. Erste Ermittlungshandlungen seien aber erst am 1. Juli gesetzt worden, wie er dem Akt entnommen habe. "Man hat das nicht ernst genommen", lautet Straches Schlussfolgerung. Mit Heranrücken des Wahltags sei die Sache dann natürlich interessant geworden.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wehrte sich am Samstag gegen die Vorwürfe Straches. "Eine anonyme Anzeige kann eine ausreichende Verdachtslage für Hausdurchsuchungen begründen, wenn ihr Inhalt glaubwürdig und plausibel erscheint. Seitens der WKStA würden alle im derzeitigen Ermittlungsstadium möglichen Ermittlungen zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Anzeige durchgeführt, wobei sich die wesentlichen Teile des Anzeigevorbringens bestätigen bzw. plausibilisieren lassen."

"Fassungslos"

Die Razzien hält Strache dennoch für einen "Akt der Willkür und des Unrechts, der fassungslos und entsetzt macht". Wenn man sich schon auf die Anzeige stützen wolle, müsste auch gegen SPÖ und ÖVP ermittelt werden. Denn, so Straches These: Auch Rot und Türkis würden in dem Dokument angeprangert. Tatsächlich findet sich in diesem die Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zugeschriebene Passage, man könne mit "schwarzer schwesterlicher Hilfe die bisherigen roten Zuwendungen gut umleiten".

Strache stärkt sich vor dem Gespräch, an seiner Seite sein Anwalt Johann Pauer.
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Gemeint ist das Ausscheiden des früheren SPÖ-Manns im Casinos-Vorstand, Dietmar Hoscher, und die Bestellung von Bettina Glatz-Kremsner von der ÖVP zur neuen Chefin des teilstaatlichen Glückspielkonzerns. Wenn hier in alle Richtungen gleichermaßen ermittelt werden würde, dann fände er das auch korrekt, erklärt der einstige Obmann der Freiheitlichen. So aber werde deutlich, dass es sich um ein "Politikum" handle.

Vorwürfe unklar

Strache vermisst weiters konkrete Vorwürfe gegen sich, in der Anzeige sei lediglich von einer Abstimmung bei der Besetzung der Casinos Austria (Casag) die Rede. Er hält es für völlig normal, dass man sich bei wichtigen Posten mit dem Koalitionspartner koordiniere. Allerdings ist in der Anzeige auch davon die Rede, dass sich Gudenus mit Strache abgestimmt habe, der Novomatic eben im Gegenzug zur Sidlo-Bestellung "wohlwollende Unterstützung" in Glücksspielbelangen zu gewähren. Für Strache ist das Unfug,

Novomatic kenne er zwar von Firmenbesuchen, Anliegen seien aber nie an ihn herangetragen worden. Der Kurzzeit-Vizekanzler erinnert in dem Zusammenhang daran, dass die FPÖ zudem stets das Verbot des kleinen Glücksspiel in Wien gefordert habe, was den Interessen des niederösterreichischen Automatenherstellers zuwidergelaufen sei.

Strafgesetzbuch, Red Bull und Zigaretten sind derzeit ständige Begleiter von H.-C. Strache.
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Gegen Monopole

Aber passen die Anschuldigungen nicht gut zum Ibiza-Video, in dem er über das Aufbrechen des Casinos-Monopols plaudert und den legendären Satz "Novomatic zahlt alle" tätigt? Nein, sagt Strache. Das sei einerseits Prahlerei in einem privaten Gespräch, noch dazu unter Alkoholeinfluss, gewesen. Andererseits habe sich die FPÖ seit jeher für Wettbewerb und gegen Monopole ausgesprochen.

Während Strache zur den Ibiza-Ermittlungen nichts sagen will – zuletzt wurden ja Erpressungsversuche bekannt –, ist die weitere Vorgangsweise in der Affäre Novomatic aus seiner Sicht klar. Man werde Einspruch und Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung einlegen, erklärt sein Anwalt Johann Pauer. Eine Razzia gegen einen Politiker auf Basis einer anonymen Anzeige sei nur zulässig, wenn diese sehr plausibel sei. Das sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Nicht einmal der Vorwurf gegen ihn, Strache, sei konkret, findet er.

Zahlungen von Novomatic an blaues Institut

Das Nachrichtenmagazin "Profil" berichtet indes Freitagabend von Sponsorgeldern seitens Novomatic an das Institut für Sicherheitspolitik (ISP) von Ex-FPÖ Mandatar Markus Tschank. Der Glücksspielkonzern soll dieses Institut seit 2018 finanzieren – Tschank saß bereits im Nationalrat, als der Kooperationsvertrag unterzeichnet wurde. Sowohl er als auch Novomatic bestätigen gegenüber "Profil" einen Kooperationsvertrag. Er soll bis 2020 laufen, ihm zufolge erhalte Novomatic "definierte Leistungen" im Gegenzug für insgesamt 200.000 Euro.

Ein Novomatic-Sprecher spricht von einem jährlichen Kooperationsbetrag von "deutlich unter 100.000 Euro" und sagt, die Zusammenarbeit sei kein Geheimnis gewesen, man wäre auch samt Logo auf Veranstaltungen des ISP vertreten gewesen. Darüber hinaus hätten die Gespräche über die Kooperation bereits vor der ÖVP-FPÖ-Regierung, nämlich zum Zeitpunkt von Rot-Schwarz, begonnen.

Erneut Diskussion um Rückkehr in die Politik

In der "Zeit im Bild 2" wurde Strache wiederum mit einem Treffen im Frühling 2017 konfrontiert, dass er und Ex-Innenminister Kickl mit einem österreichischen Millionär gehabt haben soll, es soll bei dem Gespräch um Spenden gegangen sein. Strache könne sich nicht daran erinnern, sagt er. Es könne aber sein, "dass man irgendwelchen Persönlichkeiten die Möglichkeit angeboten habe, einem Verein gemeinnützige Inhalte zu spenden". Jedoch sei es selbstverständlich nie um Parteispenden gegangen.

Im ZiB-Interview kurbelt Strache erneut Comeback-Gerüchte an. Er schließt einen Antritt bei der Wien-Wahl 2020 nicht aus – selbst wenn die Ermittlungen gegen ihn dann noch nicht abgeschlossen sein sollten. "Ich habe eine saubere Weste", sagt Strache. Und: "Die animieren mich fast, dass ich darüber nachdenke, so rasch wie möglich auch politisch zurückzukommen und vielleicht in Wien ein Comeback zu starten".

Wiens Vize-Bürgermeister und designierter Landesparteiobmann der Wiener FPÖ, Dominik Nepp, sagte dazu schon am frühen Abend am Rande des Neustifter Kirtags zum STANDARD, sobald alles aufgeklärt sei, werde Strache "diese Entscheidung selbst treffen". (red, gras, 17.8.2019)