Die Staatschefs von Russland und Frankreich wollen im Vorfeld des G7-Gipfels unter anderem die Ukraine-Krise besprechen.

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Biarritz – Kurz vor dem Gipfel der großen G7-Industriestaaten von 24. bis 26. August in Südfrankreich empfängt der französische Staatschef Emmanuel Macron seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Ein wichtiges Thema während des Arbeitstreffens am Montagnachmittag werde der Konflikt in der Ukraine sein, hieß es aus Élyséekreisen. Ziel sei es, einen Raum für Dialog mit Russland zu schaffen. Russland sei mit Blick auf internationale Konflikte ein notwendiger Partner.

Frankreich sei der Ansicht, dass Putin auf Angebote des neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ermutigend reagieren sollte. Der hatte sich in der Vergangenheit für einen neuen Gipfel im sogenannten Normandie-Format ausgesprochen, der die Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland zusammenbringt. Macron hatte Selenskyj bei einem Telefonat Anfang August zugesichert, sich für ein solches Treffen einzusetzen.

Nachdem Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte, lehnten Deutschland, die USA und die anderen Mitglieder der Siebener-Gruppe Putins Einladung zum G8-Gipfel nach Sotschi ab. Seitdem ist Moskau beim Treffen der Wirtschaftsmächte nicht dabei. Die französische Präsidentschaft hält in diesem Jahr den Vorsitz für den G7-Gipfel, er wird am 24. August im südwestfranzösischen Badeort Biarritz beginnen. Zu der Staatengruppe gehören Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien, Kanada, Japan und die USA.

Juncker nimmt nicht an Gipfel teil

Die Operation zur Entfernung der Gallenblase von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist gut verlaufen, teilte eine Sprecherin der Behörde in Brüssel mit. Juncker befinde sich zur Genesung im Krankenhaus und dürfe seinen Ärzten zufolge nicht reisen. Er werde daher am G-7-Treffen nicht teilnehmen können.

Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron seien in Kontakt, um zu entscheiden, wer den scheidenden EU-Kommissionspräsidenten vertreten werde. Dem Vernehmen nach dürfte es sich nicht um die künftige Kommissionschefin Ursula von der Leyen handeln.

Hochsicherheitszone Biarritz

Für den Gipfel wird das idyllische Biarritz an der Atlantikküste zur Festung umgebaut. Nicht allen gefällt das. Keine Surfer auf hohen Wellen, keine Kinder, die im Sand buddeln: Beim Gipfel wird sich der Ort in eine Hochsicherheitszone verwandeln.

Bewohner, Geschäftsleute und Touristen müssen Gastgeber Emmanuel Macron, US-Präsident Donald Trump oder Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Platz machen. Der zentrale Strand wird gesperrt – mitten in der Sommersaison. Der Bahnhof und der Flughafen bleiben für Normalbürger geschlossen.

Eine Händlerin, die einen kleinen Shop in der Innenstadt betreibt, hat neuerdings handgemachte Seifenstücke und Metalldosen mit G7-Logo im Angebot. Ob sie ihr Geschäft aufsperrt, ist noch unsicher. "Wir wissen nicht, was kommt", sagt sie. Ein Surflehrer an der Grande Plage im Schatten des Casinos meint nur trocken: "Man behindert meine Arbeit" – und wendet sich wieder seinen Schülern zu.

Macron bat Bürgermeister

Im Rathaus des Ferienortes sind die Probleme der Bewohner wohlbekannt, es gab bereits zahlreiche Informationsversammlungen. Bürgermeister Michel Veunac erzählt, Staatschef Macron habe ihn persönlich gebeten, das internationale Treffen abzuhalten. "Es gibt keinen Bürgermeister, der so etwas ablehnt", sagte er der Deutschen Presseagentur. Ein Treffen dieser Größenordnung habe es bisher in Biarritz nicht gegeben, und letztlich werde das französische Baskenland davon wirtschaftlich profitieren.

Die Sorgen der Händler und Geschäftsleute seien durchaus berechtigt, räumt der Lokalpolitiker von den Zentrumspartei Modem ein. Immer wieder werde gefragt, ob es Gewalt geben könnte. Kein Wunder, viele Franzosen haben immer noch die Ausschreitungen während der Gelbwesten-Proteste vom Jahresbeginn vor Augen, vor allem in Paris.

"Biarritz wird die am besten gesicherte Stadt der Erde sein", versichert der Bürgermeister. Die Kommune soll aber trotz Polizisten, Absperrgittern und speziellen Zugangsausweisen für viele Bürger nicht zum Bunker werden. Die Stadt appelliert deshalb an Gastronomen und Händler, trotz der Absperrungen Restaurants und Geschäfte zu öffnen.

12.000 Menschen bei Gegengipfel

Auch G7-Gegner zahlreicher Gruppen werden sich versammeln – aber nicht in Biarritz, sondern im deutlich weniger eleganten Grenzort Hendaye, auf der Straße gut 30 Kilometer im Südwesten. Beim Gegengipfel an der Grenze zu Spanien werden laut Medien bis zu 12.000 Menschen erwartet. Auch eine Demonstration ist geplant, die in die spanische Nachbarstadt Irun führen wird. Regionale Globalisierungsgegner geißeln die Wahl von Biarritz als eine "monarchische Laune" – und greifen damit den 41 Jahre alten Gastgeber Macron persönlich an. (APA, red, 19.8.2019)