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Am Sonntag eskalierte die Lage auf der Open Arms. Neben Weinkrämpfen kam es auch zu Versuchen von Geflüchteten, Lampedusa schwimmend zu erreichen.

Foto: AP/Francisco Gentico
Video-Zusammenfassung: Nach 18 Tagen Anlegeverbot ist die Lage auf dem Seenotrettungsschiff Open Arms weiterhin angespannt. Das Angebot, in Spanien anzulegen, schlug die NGO aus. Wegen der prekären Lage könne man nicht weitere drei Tage auf See bleiben.
DER STANDARD

Rom/Madrid – Laut Medienberichten sollen die 107 Migranten, die auf der Open Arms ausharren, in Mallorca an Land gehen dürfen. Mit Berufung auf die NGP Proactiva Open Arms schreibt Euronews, auf diesen Schritt hätten sich Spanien und Italien verständigt. Die Nachrichtenagentur Reuters vermeldet allerdings, die spanische Regierung soll das bestreiten.

Die NGO fordert, dass die Menschen auf Lampedusa an Land gehen dürfen und per Flugzeug nach Spanien gebracht werden. Der Flug von Catania nach Madrid würde nicht mehr als 240 Euro pro Passagier kosten, sagte der Missionschef der Open Arms, Riccardo Gatti, nach Medienangaben.

Zweimal abgelehnt

Spanien bot dem Schiff Open Arms zuvor die balearische Insel Menorca als Landungshafen an. Der Hafen von Mahon auf Menorca sei 1.000 Kilometer von Lampedusa entfernt und daher deutlich näher als Algeciras, das von der Crew wegen der großen Entfernung abgelehnt worden ist.

Dies lehnte die NGO jedoch erneut ab: "Unser Schiff befindet sich 800 Meter von der Küste Lampedusas entfernt, und die EU-Staaten fordern von einer kleinen NGO wie uns, weitere drei Tage Reise mit schwieriger Wetterlage in Angriff zu unternehmen", kommentierte die Hilfsorganisation auf Twitter. Die 107 Migranten sowie die 19-köpfige Crew seien nach den vielen Tagen an Bord erschöpft. Menorca liegt rund 900 Kilometer westlich von Lampedusa.

Lage auf dem Schiff dramatisch

Der Arzt der italienischen Insel, Francesco Cascio, forderte die Landung der Migranten. "Ich hoffe, dass sie so bald wie möglich das Schiff verlassen dürfen", sagte er. Auch er betont, wie erschöpft die Menschen an Bord seien. Die dramatische Lage auf dem spanischen Rettungsschiff war am Sonntag nach zweieinhalb Wochen auf hoher See eskaliert. Verzweifelte Migranten sprangen ins Meer – offenbar um zu versuchen, die nahe gelegene italienische Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.

Spanien kritisiert Italien

Italien hatte am Samstag lediglich die Landung von 27 minderjährigen Migranten erlaubt, die anderen mussten an Bord bleiben. Die Regierung in Madrid kritisierte den italienischen Innenminister Matteo Salvini wegen dessen unerbittlicher Haltung scharf und sprach in einer Mitteilung von einer "unfassbaren Reaktion" des rechten Politikers. Salvini entgegnete auf Twitter: "Wer hart bleibt, gewinnt."

Richard Gere will Salvini treffen

Nach Kritik an Salvinis Aussagen will Hollywoodstar Richard Gere den italienischen Innenminister Matteo Salvini treffen. Gere hatte kürzlich die Open Arms besucht und zu Unterstützung der Seenotretter aufgerufen. Er sagt über Salvini, dieser setze wie US-Präsident Donald Trump auf Angst und Hass, kritisierte Gere gegenüber der Tageszeitung "Corriere della Sera".

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Richard Gere im Gespräch mit der Open Arms-Crew.
Foto: AP

"Ich bin sicher, er ist nicht, wie er sich in der Öffentlichkeit zeigt", sagt der US-Schauspieler. "Salvini hat eine Familie, Kinder, Eltern. Er betrachtet Politik als Weg, um seine Popularität zu erhöhen", so Gere. "Wenn Salvini Zeit mit den Migranten verbringen würde, auf ihre Geschichte, ihre Familiendramen hören würde, würde er seine Ansicht ändern. Er macht aus einem humanitären Notstand einen politischen Fall. Doch das ist schlechte Politik", kritisierte der 69-Jährige.

Gere verteidigte die NGOs, die im Mittelmeer im Einsatz sind um Migranten aus Seenot zur retten. Die Hilfsorganisationen würden nicht aus Profitgier handeln, "die Wahrheit ist, dass diese ehrenamtliche Helfer Engel sind, die sich für den Nächsten opfern", sagte Gere, der am 9. August den Migranten und der Besatzung an Bord der "Open Arms" vor der süditalienischen Insel Lampedusa einen Besuch abgestattet hatte.

Appell der Kommission

Die EU-Kommission richtete einen Appell an die EU-Mitgliedsstaaten und an die NGO, eine rasche Lösung zu finden. EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos bemühe sich auch darum, dass die 356 Migranten an Bord der "Ocean Viking" rasch an Land gehen können, so EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud. Des sei eine "humanitäre Pflicht".

Italien brachte 16 Migranten auf Lampeduse

Die italienische Küstenwache hat nahe Lampedusa 16 Migranten auf einem Boot entdeckt und auf die Insel gebracht, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Montag. Am Sonntag hatten 57 Migranten mit einem Boot Lampedusa erreicht.

356 Menschen an Bord der Ocean Viking

Indessen wird auch die Lage auf dem Hilfsschiff Ocean Viking angespannter. Das Boot der Hilfsorganisationen SOS Mediterranée und Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat 356 Gerettete an Bord und liegt zwischen Malta und Italien. "Wir mussten nun Wasser rationieren, da wir nicht wissen, wie lange wir noch auf Hoher See sind", sagt Jay Berger, MSF-Einsatzleiter an Bord zum STANDARD.

Die Ocean Viking befindet sich am Montag bereits den zehnten Tag am Meer – ohne einen sicheren Ort zugewiesen bekommen zu haben. "Die libysche Seenotleitstelle hat uns angeboten, in Tripolis anzulegen aber das kommt nicht in Frage", sagt Berger. Laut Europäischer Union, dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und mehreren Hilfsorganisationen gilt Libyen aber nicht als sicherer Ort, den es braucht, um eine Seenotrettung abzuschließen. Auch die Menschen an Bord, die sich zuvor in libyschen Lagern befinden haben, erzählen laut Berger von Folter und sexueller Gewalt in dem nordafrikanischen Land.

Von den maltesischen Behörden hat die Ocean Viking bereits zwei Absagen für die Zuweisung eines Hafens erhalten. Die italienische Leitstelle meldet sich laut Berger nicht. (APA, red, 19.8.2019)