Das neue Modell soll vor allem die wohnortnahe Versorgung sicherstellen.

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Alpbach – Die Österreichische Ärztekammer und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger haben ein heißes Eisen ausverhandelt, das ab Herbst die medizinische Versorgung durch Kassenärzte neu regeln dürfte: Vorbehaltlich der Genehmigung durch die Gremien soll es ab 1. Oktober die Möglichkeit der Anstellung von Ärzten durch Ärzte in Kassenpraxen geben. Das gaben Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart und Hauptverbandchef Alexander Biach am Montag in Alpbach bekannt.

Steinhart sprach bei der Pressekonferenz von "großer Freude" über die neue Vereinbarung. "Das war ein langer Wunsch. Er ist ein Meilenstein in der Versorgung."

Biach bezeichnete den Vertrag als "dritten wesentlichen Baustein" für die Sicherung der Kassenmedizin, speziell der allgemeinmedizinischen Versorgung der Versicherten, nach der Vereinbarung über die Finanzierung der Lehrpraxen und den Gesamtvertrag zu den Primärversorgungseinheiten. Nicht zuletzt habe die Diskussion über die wachsende Zahl der Wahlärzte parallel zu den Problemen bei der Besetzung von Kassenärztestellen den Verhandlungen Schub gegeben.

Mittel gegen Versorgungsengpässe

So soll in Zukunft die Anstellung von Ärzten bei Kassenärzten ablaufen: Die Möglichkeit gibt es für Fachärzte und für Allgemeinmediziner – jeweils als Anstellung innerhalb eines ärztlichen Faches. Auch in Gruppenpraxen und in Primärversorgungseinheiten sind solche Anstellungen erlaubt. Das bedeutet konkret: Ein Arzt darf maximal einen anderen Arzt für 40 Stunden pro Woche anstellen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten zwei. Die Versicherung rechnet die Leistungen mit dem Vertragsarzt ab, der angestellte Arzt erhält das zwischen ihm und dem Dienstgeber vereinbarte Entgelt. Der Kassenarzt, der einen Kollegen oder eine Kollegin anstellt, muss weiterhin maßgeblich in der Praxis tätig sein.

Die Bewilligung erfolgt im Rahmen des bestehenden Kassenpraxisplans des jeweiligen Bundeslands. Die Anstellung eines Arztes durch einen Vertragsarzt kann unbefristet oder befristet sein. Wenn es beispielsweise Probleme bei der Besetzung einer Kassenstelle gibt oder ein sonst nicht zu deckender Bedarf an ärztlichen Leistungen in einer Region besteht, ist die unbefristete Möglichkeit einer Anstellung vorgesehen.

Die Abrechnung der Leistungen erfolgt im Rahmen des Vertrags des Kassenarztes, der einen Kollegen anstellt. Für die Ausweitung der Leistungen und damit verbundene verlängerte Öffnungszeiten der Arztpraxis mit mehr versorgten Patienten wird von den Krankenkassen für die Abrechnung entsprechend vorgesorgt, erklärte Hauptverbandchef Biach.

Einstiegshürden für Kassenärzte überwinden

Die Patienten sollen durch längere Öffnungszeiten von diesem Modell profitieren: Erfolgt die Anstellung zur Aufstockung der Vertragsarztstelle, müssen die Öffnungszeiten entsprechend angepasst werden. Wird ein zusätzlicher Arzt ohne Zusatzbedarf angestellt, gelten die bisherigen Öffnungszeiten des Vertragsarztes.

Steinhart und Biach betonten, dass damit auch der Einstieg in die Arbeit als Kassenarzt erleichtert werden soll. "Die Angst vor einer selbstständigen Tätigkeit wird kleiner, wenn man sie erlebt", erklärte Steinhart. Auch für Ärztinnen, die keinen Vollzeitjob haben wollen, könne die Anstellung in einer Arztpraxis eine gute Variante werden.

Am 18. September soll der Vertragsentwurf von der Ärztekammer abgesegnet werden, am 1. Oktober der Beschluss in der Trägerkonferenz des Hauptverbands erfolgen. Innerhalb der Ärztekammer ist man mit der Formulierung eines Kollektivvertrags für die Anstellungsverhältnisse schon relativ weit, sagte Steinhart. (APA, red, 19.8.2019)