Soll im Mordfall Kuciak offiziell angeklagt werden: Marian Kocner.

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Bratislava – Die Ermittlungen im Mordfall des slowakischen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten stehen kurz vor dem Abschluss. Binnen wenigen Wochen wird gegen die fünf Beschuldigten vor einem spezialisierten Strafgericht offiziell Anklage erhoben, wie zwei Staatsanwälte der zuständigen Sonderstaatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz am Montag in Pezinok bei Bratislava mitteilten.

Der Investigativjournalist und seine Partnerin Martina Kusnirova wurden im Februar 2018 in ihrem Haus in Velka Maca erschossen. Der mutmaßliche Todesschütze, sein Fahrer sowie eine Auftraggeberin und ein Vermittler sind seit ihrer Festnahme im vergangenen Herbst in Untersuchungshaft, die am 27. November auslaufen wird. Laut der Staatsanwaltschaft sollen die Anklagen noch vor diesem Termin erfolgen.

Unternehmer als Drahtzieher

Als eigentlicher Drahtzieher im Kuciak-Fall gilt der kontroverse Unternehmer Marian Kocner, der seit Juni 2018 bereits wegen Wirtschaftskriminalität in Untersuchungshaft sitzt. Auch gegen ihn soll Anklage erhoben werden.

Die beiden Sonderstaatsanwälte bestätigten unterdessen Medienberichte, wonach den vier Beschuldigten weitere Morde und Mord-Vorbereitungen zur Last gelegt werden. Den Erkenntnissen nach hat die Gruppe mindestens vier Morde auf dem Gewissen, weitere drei Morde hätten sie geplant. Unter den Opfern waren demnach auch ein vor zwei Jahren getötete Unternehmer sowie ein 2010 erschossener Ex-Bürgermeister. Ins Visier der Gruppe sind zudem zwei Staatsanwälte und der prominente Rechtsanwalt und Ex-Justizminister Daniel Lipsic geraten.

Kurz vor Durchführung der Morde hätte die Polizei die Verdächtigen im Kuciak-Fall jedoch festgenommen, hieß es weiter. Der Fall sei "in der Geschichte der slowakischen Kriminalistik einzigartig", erklärte einer der Staatsanwälte, der nicht namentlich genannt wurde. Ob auch in den anderen Fällen Marian Kocner der mutmaßliche Auftraggeber gewesen ist, ist noch unklar.

Versuchte Einflussnahme

Beide Vertreter der Sonderstaatsanwaltschaft beklagten zunehmende Versuche, die Arbeit des Ermittlungsteams zu "skandalisieren". In Laufe der Ermittlungen seien auch Erkenntnisse und Beweise über "schwerwiegende gesellschaftswidrige und strafbare Tätigkeit weiterer Personen", darunter auch von "Vertretern staatlicher Organe", zum Vorschein gekommen, warnten sie vor weiteren Versuchen der Einflussnahme: "Gerade diese Personen haben begründetes Interesse daran, Mitglieder des Ermittlungsteams sowie Beweise in Frage zu stellen, die sichergestellt wurden, um damit eine objektive Überprüfung ihrer Tätigkeit zu vereiteln."

Weitere Details dazu gaben die Vertreter der Staatsanwaltschaft nicht an. Sie forderten Journalisten lediglich dazu auf, sie sollen sich auf keine derartigen Spiele einlassen und zugespielte Informationen konsequenter verifizieren.

Der Aufdeckreporter Jan Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen Mafia und Politik in der Slowakei recherchiert. Sein Tod sorgte im In- und Ausland für Entsetzen und löste Massenproteste in der Slowakei aus, die bis zum Sturz der Regierung des damaligen Premierministers Robert Fico führten. (APA, 19.8.2019)