Appelliert an künftige Regierung: Richterpräsidentin Matejka.

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Der ausbleibende Unterhalt, die zähe Regelung der Verlassenschaft – all diese mühsamen Rechtswege könnten in Zukunft noch länger dauern: Das geht aus aktuellen Kalkulationen der Richterschaft hervor. Wegen der akuten Geldnot der Justiz werden sich die Verfahrensdauern in Zukunft weiter erhöhen, warnt Richtervereinigungspräsidentin Sabine Matejka im STANDARD-Gespräch. Die Richter haben zuvor einen Forderungskatalog für die nächste Regierung erstellt, der mit deutlichen Worten auf den Engpass der Gerichte hinweist. Dieser sei "von Monat zu Monat stärker" spürbar, sagt Matejka.

Personal wandert ab

Am Bundesverwaltungsgericht sei der Rückstau von über 40.000 Verfahren auf absehbare Zeit nicht abbaubar, weil es an Personal fehlt, dazu kommen aber laufend neue Akten, die den Rückstau verlängern. Auch im Bereich des Familienrechts an den Bezirksgerichten schlage sich die Geldmisere nieder: Kanzleikräfte kündigen, weil sie anderswo besser bezahlt werden und hoffen, dort auch weniger hohem Arbeitsdruck und geringerem emotionalen Stress – Stichwort Obsorgeverfahren – ausgesetzt zu sein. An die künftige Bundesregierung richtet die Standesvertretung den Appell, der Justiz eine Ausstattung zu geben, die zumindest den laufenden Betrieb absichere.

Nicht nur Geldnöte machen den Richtern Sorgen, sondern auch Querschüsse aus der ÖVP und der FPÖ auf die Justiz. Dass die ÖVP nach Aussagen von Justizminister Clemens Jabloner über Ermittlungen in der Schredder-Affäre von einem "Schmutzkübelwahlkampf" sprach, bezeichnet Matejka als "heftige, nicht nachvollziehbare Reaktion" – und fügt hinzu: "Gerade von Parteien, die Regierungsverantwortung anstreben, würde ich erwarten, dass sie das Vertrauen in die Justiz eher stärken als schwächen."

Staatsanwälte wehren sich

Nicht nur die Richter, auch die Staatsanwälte wehren sich gegen Angriffe vonseiten der Politik. Nach den Hausdurchsuchungen im Zuge der Causa Casino Austria betont die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in einer Aussendung: Man habe den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, Anzeigen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen und bei Vorliegen des Verdachts einer Straftat den Sachverhalt aufzuklären.

Anlass zum Aufschrei wären, so schreiben die Staatsanwälte, "die öffentlich vereinzelt geäußerte Unterstellung eines willkürlichen und unobjektiven Handelns". Diese würde jeder Grundlage entbehren und "Oberstaatsanwaltschaft Wien entschieden zurückgewiesen." FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Körg Jenewein hat etwa davon gesprochen, dass sich im Zuge der Ermittlungen gegen Heinz Christian Strache "das ÖVP-nah besetze Bundeskriminalamt gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft durchgesetzt" hatte.

Zuvor hatten sich Vertreter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), des Bundeskriminalamts, der WKStA und der Oberstaatsanwaltschaft Wien zu einer Dienstbesprechung getroffen. Gegenstand war das weitere Vorgehen in der Datenforensik hinsichtlich der im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellten Daten. Demnach wird die Datensicherung zunächst vom Bundeskriminalamt abgeschlossen, in weiterer Folge werden die Daten in Abstimmung mit der WKStA ausgewertet. (red, APA, Maria Sterkl, 19.8.2019)