Nokia ließ es mal bei Handydesigns so richtig krachen – teilweise auch mit umstrittenen Designs wie beim 7280.

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Als es noch dicke Ränder um die Displays mehr Knöpfe gab: das HTC Hero aus dem Jahr 2009.

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Hardware-Tastaturen wie beim Motorola Milestone von 2010 sind heute passé.

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2007 veröffentlichte Apple sein erstes iPhone – das Design setzte einen Trend.

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Es gab einmal eine große Vielfalt an Handydesigns. Zum Klappen, Aufschieben, Drehen. Mit unterschiedlichen Tastenlayouts, verspielten Designelementen und auch durchaus einigen Geschmacksverirrungen. Nokia war in seiner Blütezeit für besonders mutige bis umstrittene Designs bekannt. Doch mit dem Aufkommen der Smartphones hat sich alles verändert. Sie sehen mittlerweile alle fast gleich aus. Neues wird nur sehr zaghaft ausprobiert.

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Früher gab es eine größere Vielfalt an Handydesigns. Im Bild: das Nokia 3650 von 2002.
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Eine Frontseite wie die andere

Vor allem die Frontseiten der Geräte sind heute teilweise nahezu identisch: riesige Displays, kaum Rand, ein ähnliches Seitenverhältnis, manchmal eine Aussparung für die Kamera, manchmal nicht. Die ersten Smartphones unterschieden sich noch stärker voneinander. Da gab es etwa das iPhone 4 mit Metallrahmen und Glasfront und -rückseite oder das HTC Hero, eines der ersten Geräte mit Unibody und außerdem einem Knick im Gehäuse. Auch die Homebuttons waren unterschiedlich – HTC setzte unter anderem auf einen kleinen Ball, Samsung auf eckige, Apple auf runde Buttons. Heute werden sie bei neuen Modellen zunehmend ins Display integriert.

Zunächst experimentierten auch einige Hersteller noch mit Tastaturen – etwa beim Motorola Milestone, dem Nokia N97 oder dem HTC Desire Z. Blackberry hielt etwas länger an Tastaturen fest. Inzwischen haben sich Software-Tastaturen als Standard etabliert – und ließen damit eine weitere Möglichkeit für abwechslungsreicheres Design verschwinden.

Etwas mehr Spielraum gibt es noch auf der Rückseite. Hier unterschieden sich die Modelle stärker durch unterschiedliche Materialien, Farben, Logos und die Platzierung bzw. das Design der Kamera. Doch ein bisschen ist es vergebene Liebesmüh die Rückseiten speziell zu gestalten, denn viele Nutzer stecken ihr Smartphone in eine Schutzhülle. Kein Wunder, denn die großen Glasdisplays gehen bei einem Sturz schneller zu Bruch als die Winzig-Bildschirme der früheren Handys.

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Vereinzelt kommen noch klassische Handys auf den Markt – wie das Nokia 8110, dessen Design gerne mit Bananen verglichen wird.
Foto: REUTERS/Yves Herman

Es geht auch anders

Geräte mit faltbaren Displays bringen wieder ein bisschen mehr Vielfalt ins Spiel – etwa Samsungs Galaxy Fold oder das Huawei Mate X, das Ende Oktober auf den Markt kommen soll. Doch ob sich daraus mehr als nur ein Nischenmarkt entwickelt, ist fraglich. Nokia hat nach seiner Neugründung in den letzten Jahren auch einige Handyklassiker wie das 8110 wiederaufleben lassen – die Android-basierten Smartphones des Unternehmens sehen aber wie alle anderen Geräte aus.

Einen "radikal neuen Formfaktor" soll das neue Modell von Essential bieten, das Firmengründer Andy Rubin Anfang Oktober auf Twitter gezeigt hat. Es schmäler und länger als herkömmliche Smartphones.

Etwas Neues probiert auch Hersteller Nubia, der aus dem chinesischen ZTE hervorgegangen ist. Das Z20 bietet ein zweites Display auf der Rückseite. Dadurch kann man für Selfies die Hauptkamera auf der Rückseite nutzen, eine Frontkamera hat sich Nubia daher gespart und das Hauptdisplay bis zum oberen Rand gezogen.

Sinnvolle Entwicklung, aber ...

Natürlich folgen die Hersteller dem Design-Credo "form follows function". Die Displays sind riesig, weil man ein Smartphones nicht mehr nur zum SMS-Schreiben und Telefonieren nutzt, sondern zum Surfen, Fotografieren, Videos ansehen oder Spielen. Auch Filme und Serien kann man dank schnellerer Mobilfunknetze und günstigerer Datenverbindungen heute mobile streamen – es ist also sinnvoll, dass die Bildschirmformate auch darauf abgestimmt sind. Homebuttons werden in die Displays integriert, weil es Platz spart. Software-Tastaturen lassen sich beliebig erweitern bzw. ändern und sind nicht auf eine Belegung fixiert. Hardware-Tastaturen werden außerdem schneller kaputt.

Wenn außerdem ein führender Hersteller ein Design auf den Markt bringt, das bei Kunden gut ankommt, folgen die anderen schnell nach. Legendär geworden ist etwa Streit zwischen Apple und Samsung um die abgerundeten Ecken. Aber auch der sogenannte Notch, die Aussparung am Display für die Kamera, die nun bei mehreren Designs zu finden ist.

Von links: iPhone XS Max, Samsung Galaxy S10, Huawei P30 Pro.
Foto: Apple/Samsung/Huawei

Dass derzeit ein Formfaktor den Smartphone-Markt dominiert hat also gute Gründe und ist in mehreren Punkten auch sinnvoll. Und dennoch schwingt ein bisschen Wehmut mit. Smartphones sind so höchstpersönliche Gegenstände, die man ständig dabei hat, dass man sich manchmal ein bisschen mehr Individualität wünscht als nur eine bunte Hülle. (Birgit Riegler, 3.11.2019)