Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Miloš Zeman gedenkt nicht, klein beizugeben.

Foto: AP/Michael Gruber

Wenigstens in einer Sache sind sich die politischen Akteure Tschechiens weitgehend einig: Es könne doch nicht sein, heißt es unisono, dass ein Streit um die Besetzung des Kulturministeriums monatelang das Land in Atem hält. Und doch passiert derzeit genau das. Jüngster Paukenschlag: Am Montagabend warf Michal Šmarda, Vizechef der Sozialdemokraten (ČSSD) und bis dahin Kandidat seiner Partei für das Amt des Kulturministers, gereizt die Flinte ins Korn.

Grund: Präsident Miloš Zeman hatte vergangene Woche angekündigt, Šmarda nicht ernennen zu wollen. Danach war auch Premier Andrej Babiš, Chef der liberal-populistischen Partei Ano, auf Distanz zu Šmarda gegangen.

Begonnen hatte das politische Sommertheater im Mai, als der damalige Kulturminister Antonín Staněk auf Druck der eigenen Partei, der ČSSD, seinen Rücktritt einreichte. Staněk war nach der umstrittenen Abberufung des Chefs der Nationalgalerie parteiintern in Misskredit geraten.

Doch Präsident Zeman tat das, was er häufig tut, wenn seine Ex-Partei ČSSD, von der er sich einst im Streit getrennt hat, etwas von ihm will: Er stellte sich quer – und nahm den Rücktritt Staněks nicht an. Einwände, dies sei verfassungswidrig, wischte er ungerührt beiseite: Die Verfassung, so Zeman, schreibe ihm keine Frist vor, er habe es also nicht eilig.

Streit um Kompetenzen

Als Zeman Ende Juli Staněk doch abberief, war das kein Einlenken, sondern Auftakt zu einer weiteren Etappe des Streits: Zeman ließ kein gutes Haar am neuen Kandidaten für das Amt des Kulturministers – jenem Šmarda, der sich nun selbst aus dem Spiel nahm, um einen Ausweg aus der verfahrenen Lage zu eröffnen.

Šmarda fehle für das Amt die fachliche Eignung, lautete Zemans Begründung. Wieder bewegt er sich damit am Rande der Verfassung. Der Präsident könne die Ernennung eines Ministers aus rechtlichen Gründen ablehnen oder wenn dieser ein Sicherheitsrisiko darstelle, sagte etwa der Verfassungsjurist Jan Kysela im tschechischen Fernsehen. Die Beurteilung der inhaltlichen Qualifikation jedoch sei Sache der Parteien und des Regierungschefs.

Kein Ende in Sicht

Ob die Krise durch Šmardas Rückzug tatsächlich beendet ist, muss sich erst weisen. Noch immer ist nicht klar, wer nun an die Spitze des Kulturministeriums rücken soll. Zudem gerät ČSSD-Chef Jan Hamáček, der einmal mehr gegen Zeman den Kürzeren zog, parteiintern weiter unter Druck. Einflussreiche Mitglieder forderten ihn am Dienstag auf, die Minderheitsregierung mit der Babiš-Partei Ano ganz zu verlassen.

Diese ist bei vielen ohnehin nicht gerade beliebt: zum einen, weil ihr Chef Babiš des EU-Fördermittelbetrugs verdächtigt wird, zum anderen, weil sie sich von den Kommunisten (KSČM) tolerieren lässt. (Gerald Schubert, 20.8.2019)