Die Stadt entdeckt flache Hausdächer als Landwirtschaftsfläche und baut so nach und nach die lokale Nahrungsmittelversorgung um. Wird der Anbau vom Land in die Stadt verlegt, können Transportwege verringert und die urbane Bevölkerung mit frischen, regional gewachsenen Lebensmitteln versorgt werden, so die Idee dahinter.

In Paris wird derzeit am bisher weltweit größten Projekt dieser Art gearbeitet: Die Farm entsteht auf dem Dach des Messegebäudes Paris Expo Porte de Versailles und soll im Frühling 2020 eröffnet werden, berichtet der "Guardian".

Eine Tonne Ernte pro Tag

Die Dachfarm wird die weltweit größte ihrer Art.
Foto: Valode & Pistre Architectes Atlav AJN

Während unten weiterhin Konferenzen und Messen abgehalten werden, wachsen oben künftig auf einer Fläche von 14.000 Quadratmetern, was etwa zwei Fußballfeldern entspricht, 30 verschiedene Pflanzenarten. In der Hochsaison sollen sie täglich bis zu eine Tonne Ertrag bringen – damit soll die Stadtfarm ein weltweites Vorbild für nachhaltigen Anbau darstellen. Der Anbau erfolgt rein biologisch, was die städtische Biodiversität erhöhen wird, so die Projektleiter.

"Wir werden Qualitätsprodukte im Einklang mit der Natur anbauen, und das mitten in Paris", heißt es von Agripolis, einer von vier an dem Projekt beteiligten Firmen, die auf Stadtfarming spezialisiert ist und sich vor allem um die Produktion kümmert. "Unsere Vision ist eine Stadt, in der flache Dächer und ungenutzte Oberflächen mit neuen Anbausystemen genutzt werden." So will man den Großteil der Weltbevölkerung, der derzeit in Städten lebt, künftig ernähren.

Essen mit Aussicht

Mit den Produkten der Farm sollen dann umliegende Geschäfte, Hotels und Kantinen beliefert werden. Ein Panoramarestaurant und eine Bar auf dem Dach sind ebenfalls Teil des Konzepts und werden vor Ort gewachsene Produkte anbieten. Nahrungsmittel müssen also nicht vom anderen Ende der Welt kommen – mit dem Konzept will man Transportwege verringern und so den CO2-Ausstoß gering halten. Ein weiterer Vorteil: Sind die Wege nach dem Ernten kurz, können die Früchte bei der optimalen Reife geerntet werden.

Bis zu eine Tonne Ernte soll es hier in der Hochsaison geben.
Foto: Valode & Pistre Architectes Atlav AJN

Wasser statt Erde

Auf dem Dach setzt man auf eine eigene Anbautechnik: Beim sogenannten aeroponischen, vertikalen Anbau werden die Lebensmittel in Hydrokulturen gezogen. Die Pflanzen wachsen in Nährlösungen, nicht in Erde. Damit spart man sich Pestizide, denn die Methode setzt auch auf ein geschlossenes Wassersystem – das Risiko von Verunreinigungen wird so verringert.

Urbane Landwirtschaft ist in Paris auf dem Vormarsch: Die Stadt hat vor, bis zum nächsten Jahr 100 Hektar zu bepflanzen, wobei ein Drittel auf Stadtfarming entfallen soll, berichtet der "Guardian". Geplant ist etwa eine Promenade zum Anbau von Obst und Gemüse unter der Metro in Barbès.

Im unteren Stock werden weiterhin Messen abgehalten, während oben Obst und Gemüse wachsen.
Foto: Valode & Pistre Architectes Atlav AJN

Urban Gardening muss nicht immer, wie in Paris, im ganz großen Stil passieren. In Wien gibt es seit längerem erfolgreiche Gemeinschaftsgärten mitten in der Stadt, bei denen Bürger und Bürgerinnen Parzellen mieten und ihr eigenes Gemüse anbauen können. Angebote gibt es mittlerweile in jedem Bezirk. Einen gemeinschaftlich genutzten Dachgarten gibt es in Mariahilf, wo sich 2.000 Quadratmeter Anbaufläche auf dem Dach der Garage in der Windmühlgasse befinden. (gap, 23.8.2019)