Die Empörung der ÖVP ist absolut nachvollziehbar, wird sie doch seit Wochen durch öffentliche Auftritte eines Sebastian-Kurz-Doppelgängers angepatzt.

Foto: HERBERT PFARRHOFER / APA

Es scheint, als wären sich die meisten Wahlkampfbeobachter in einem Punkt einig: So dreckig wie diesmal war er noch nie. Auf mich wirkte diese Einschätzung bislang eher übertrieben, zumal sie dazu führt, praktisch jede Art der Kritik als "Schmutzkübelkampagne" zu denunzieren. Aber ich muss gestehen: Bei genauerer Betrachtung zeigt sich auch mir, dass es noch viel dreckiger zugeht, als man glaubt. So ist die diesbezügliche Empörung der ÖVP absolut nachvollziehbar, wird sie doch seit Wochen durch öffentliche Auftritte eines Sebastian-Kurz-Doppelgängers angepatzt. Diesem gelang es sogar, den BVT-Untersuchungsausschuss zu täuschen, obwohl er angesichts seiner dort gezeigten völligen Ahnungslosigkeit rasch enttarnt hätte werden müssen. Vom Gelingen dieser Köpenickiade angestachelt, tauchte er kurze Zeit später bei der Veranstaltung einer von einem ehemaligen Drogendealer geführten Sekte auf und ließ sich dort als Ex-Bundeskanzler anbeten. Denkbar, dass dieser Betrüger auch in einen Skandal um aus dem Bundeskanzleramt entwendete Festplatten verwickelt ist, die von einem möglichen Komplizen ebenfalls unter falschem Namen zerstört wurden.

Skrupelloses "Dirty Campaigning"

Aber auch die SPÖ wurde Opfer von skrupellosem "Dirty Campaigning". In Innsbruck haben flüchtige Täter das Logo der Partei mit dem Foto eines Unbekannten überklebt. Die darauf folgenden Ermittlungen ergaben, dass die auf dem Foto abgebildete Person selbst für den Vandalenakt verantwortlich ist. Es handelt sich um den 36-jährigen Georg D., einen zu zwanghafter Selbstdarstellung neigenden Porsche-Fahrer aus Sellrain, der zuvor nur durch sexistische Tiraden und die Verbreitung von Fake-E-Mails auffällig geworden war. Seine Tat rechtfertigte er mit der Behauptung, "Chef der Tiroler SPÖ" zu sein, was jedoch angesichts keiner überprüfbaren Aktivitäten und Existenznachweise einer solchen Partei äußerst unglaubwürdig wirkt.

Selbsternannte "Historikerkommission"

Am schlimmsten erwischt aber hat es wieder einmal die FPÖ. Als würde nicht schon reichen, dass die jüngste Vergangenheit dieser Partei derzeit mithilfe von Hausdurchsuchungen erforscht wird, muss sie sich auch noch öffentlich durch das Auftreten einer selbsternannten "Historikerkommission" verhöhnen lassen. Deren vorgebliches Ziel sei "die Suche nach braunen Flecken in der Geschichte der FPÖ". Bei einer Partei, die als Sammelbecken für ehemalige Nationalsozialisten gegründet worden ist, entspricht das der Suche nach Spuren von Fäkalien in einer Jauchengrube. Spätestens dann, wenn eine vornehmlich mit freiheitlichen Parteigängern besetzte "Kommission" erklärt, die FPÖ sei bezüglich ihres Umgangs mit rechtsextremem Gedankengut "eine Partei wie nahezu jede andere", weiß man, dass es sich hier um einen üblen Scherz à la "Mafia-Bosse erklären Drogenhandel zu einem Geschäft wie nahezu jedes andere" handelt. Doch mit der Behauptung, der 32-seitige "Vorbericht" sei ausgerechnet von FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth zusammengestellt worden, bei dessen Burschenschaft Olympia Holocaustleugner und bekennende Neonazis gern gesehene Gäste sind, wurde der Bogen endgültig überspannt. Auch beim Dreckschleudern sollte man auf die Dosierung achten. (Florian Scheuba, 21.8.2019)