Jeden Monat pünktlich kam das Geld der Milliardärin. Damit ist jetzt Schluss.

Illustration: DER STANDARD

Auch Milliardärinnen haben Daueraufträge bei der Bank, sie fallen nur bisweilen etwas üppiger aus. 49.000 Euro monatlich überwies die Kunst- und Eishockey-Förderin Heidi Goëss-Horten an die Österreichische Volkspartei unter Sebastian Kurz, und niemand bemerkte es. Hätte sie ihren Monatsbeitrag an die türkise Partei um geringfügige tausend Euro erhöht, wäre es öffentlich geworden: Spendenbeträge ab 50.000 Euro mussten von den Parteien nach damaliger Rechtslage sofort gemeldet werden.

Dass die regelmäßigen Überweisungen eine Umgehung dieser Meldepflicht waren, daran besteht kein Zweifel. Aber sind sie deshalb strafbar? Die unter sachkundigen Juristen einhellige Meinung lautet: Nein.

Nicht strafbar

Niemand weiß, was Personen oder Unternehmen motiviert, ihre Spende an eine Partei vorerst lieber geheim zu halten. Warum es Goëss-Horten wichtig war, lieber erst mit zwei Jahren Verzögerung auf der Website des Rechnungshofes aufzuscheinen und nicht sofort, bleibt im Dunkeln – jedenfalls ist es ihr gutes Recht. Die Meldepflicht trifft nämlich nicht die Spenderin, sondern die Spendennehmerin – also die Partei. Und diese Pflicht wäre eben erst dann verletzt, wenn die ÖVP 50.000 Euro oder mehr erhalten und es dem Rechnungshof verschwiegen hätte. Oder aber, wenn die Partei ihre Großspender ersucht hätte, die Spendenbeträge so aufzuteilen, dass die Meldepflicht umgangen wird. Dies müsste man der Partei allerdings nachweisen können – und das ist de facto unmöglich. Ein reiner Verdacht, dass die Partei an der Stückelungskonstruktion mitgewirkt hat, reicht laut Juristen für eine Strafbarkeit jedenfalls nicht aus.

Seit der im Nachhall der Ibiza-Affäre beschlossenen Reform des Parteiengesetzes ist es für Finanzgönner jedenfalls deutlich schwieriger, den Wahlkampf großzügig zu unterstützen. Es gilt eine Spendengrenze von 7.500 Euro pro Person und Jahr, die Partei darf pro Jahr maximal 750.000 Euro einnehmen. Die ÖVP hatte gemeinsam mit den Neos gegen die Novelle gestimmt.

Nach der Gesetzesverschärfung seien entsprechende Rechtslücken nun jedenfalls weitgehend geschlossen, ist der frühere Rechnungshofpräsident Franz Fiedler überzeugt. Was gut sei, denn: "Jeder hat einen Hintergedanken, wenn er einer Partei viel Geld spendet. Aus Idealismus spendet man höchstens für den Fußballverein." Auch Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger glaubt, dass heutige Umgehungskonstruktionen eher für Finanzgeber mit tatsächlich illegalen Absichten infrage kämen. Schlupflöcher seien zwar noch vorhanden, sie zu nutzen sei aber wegen des höheren Strafbarkeitsrisikos nicht mehr so attraktiv. Sollte eine Spende mit einer Gegenleistung verbunden sein, dann sei die Beweisführung jedenfalls "schwer bis unmöglich", sagt Fiedler. Man müsse dafür nachweisen, dass zum Zeitpunkt der Spende die Karriereoption bereits angedacht war.

Grüne Anzeige gegen ÖVP

Am Tag nach der Veröffentlichung der Spendenlisten reißt die Kritik der politischen Mitbewerber nicht ab. Die FPÖ stellt die Frage nach möglichen "Gegenleistungen für diese fürstlichen Spenden", auch die Neos kündigten an, sich mögliche Zusammenhänge zwischen Spendengebern und Postenschachern genau anzuschauen. SPÖ-Geschäftsführer Thomas Drozda meint, es "schaut nicht gut aus, wenn 98 Prozent der ÖVP-Spenden von Milliardären und Konzernen kommen". Die Grünen gehen noch weiter. Sie verlangen eine Nachschärfung des Parteiengesetzes. Außerdem wollen sie vom Rechnungshof geklärt wissen, ob das türkise Fundraising einwandfrei rechtskonform war – und haben eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Sie fordern den Rechnungshof auf, Verstöße gegen das Parteiengesetz zu prüfen. (Katharina Mittelstaedt, Fabian Schmid, Maria Sterkl, 21.8.2019)