Seit 2012 lag das Haushaltsdefizit der USA nicht mehr über einer Billion US-Dollar.

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Washington – Trotz fast täglicher Forderungen von US-Präsident Donald Trump nach einer drastischen Senkung des Leitzinses hat sich die Notenbank unberührt gezeigt. Das Entscheidungsgremium sei sich einig gewesen, dass die Zentralbank Flexibilität bei der Bestimmung der Höhe des Leitzinses brauche, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll der Zinssitzung von Ende Juli.

Damit behält sich die Federal Reserve alle Optionen offen und gibt den Finanzmärkten keine klaren Signale, wann oder ob mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen ist. Die Notenbanker stuften die US-Wirtschaft weiterhin als robust ein. Sie verwiesen jedoch ausdrücklich auf die Risiken, die sich aus einem schwächeren globalen Wachstum und den von Trump angezettelten Handelskonflikten ergeben. Die Zentralbank werde ihren weiteren Kurs im Lichte weiterer Wirtschaftsdaten festsetzen, hieß es.

Die US-Notenbank hatte Ende Juli zum ersten Mal seit der Finanzkrise vor mehr als einem Jahrzehnt ihre Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt auf jetzt 2,0 bis 2,25 Prozent gesenkt. Damit reagierten die Dollar-Wächter auf den von Trump angezettelten Handelsstreit, der zunehmend auf die Weltwirtschaft und auch auf die heimische Konjunktur durchschlägt. Für Trump war der Schritt aber nicht ausreichend. Erst am Montag forderte er auf Twitter von der Fed eine Zinssenkung um mindestens einen vollen Prozentpunkt, um die Wirtschaft anzuschieben.

Zwei bis drei Zinssenkungen erwartet

"Die Teilnehmer bevorzugten insgesamt eine Vorgehensweise, bei der die Geldpolitik von eingehenden Informationen angeleitet wird", hieß es im Protokoll. Diesem zufolge wollten die Notenbanker zugleich nicht den Eindruck hervorrufen, dass sich die Fed schon auf einem festgelegten Kurs befindet. An den Finanzmärkten wird inzwischen allgemein erwartet, dass die Notenbank im September ihren Leitzins erneut nach unten setzt. Bis zum Jahresende werden zurzeit zwei bis drei Zinssenkungen erwartet. Weiteren Aufschluss über den künftigen Zinspfad erhoffen sich Investoren von der am Donnerstag beginnenden Notenbank-Konferenz der Fed in Jackson Hole in Wyoming. Mit besonderer Spannung wird dabei der Auftritt von Notenbank-Chef Jerome Powell am Freitag erwartet.

Experten hatten für das Wirtschaftswachstum im laufenden dritten Quartal zuletzt nur noch ein Wachstum von weniger als zwei Prozent erwartet. Noch zu Jahresbeginn hatte die Wirtschaftsleistung in den USA um 3,1 Prozent zugelegt. Im Frühjahr reichte es dann nach vorläufigen Daten nur noch zu einem Wachstum von 2,1 Prozent.

Haushaltsdefizit wächst

Auch das US-Haushaltsdefizit wird nach Schätzungen des unabhängigen Budgetbüros des US-Kongresses (CBO) schon im Fiskaljahr 2020 auf über eine Billion US-Dollar steigen. Damit würde das Defizit zwei Jahre früher als bisher erwartet über dieser Marke liegen, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Ausblick.

Das CBO ist eine überparteiliche Einrichtung des Kongresses, die die Haushaltspolitik analysiert und Schätzungen für die künftige Entwicklung abgibt.

Das Defizit sei angesichts höherer Staatsausgaben schneller gestiegen, hieß es in dem Ausblick. Etwas gedämpft worden sei der Effekt durch die niedrigeren Zinsen. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt im Jahr 2012 über dem Niveau von einer Billion Dollar. Ein Haushaltsjahr beginnt in den USA am 1. Oktober des vorherigen Jahres.

Kritik vom IWF an Trumps Wirtschaftspolitik

Ungewohnt offen haben indes führende Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Wirtschaftspolitik von Trump kritisiert. Dessen Strategie der Strafzölle gegen China werde voraussichtlich sowohl der US- als auch der Weltwirtschaft schaden, weil sie das Vertrauen der Unternehmen sowie Investitionen unterminiere, schrieben Chefökonomin Gita Gopinath und zwei ihrer Kollegen.

Zudem würden globale Versorgungsketten unterbrochen, während gleichzeitig die Kosten für Produzenten und Verbraucher stiegen, hieß es weiter am Mittwoch in einem Blogbeitrag. Höhere bilaterale Zölle trügen kaum dazu bei, Handelsungleichgewichte zu verringern, weil sie hauptsächlich dazu führten, dass der Handel in andere Länder verlagert werde.

Trump musste nach eigener Auffassung aber den Handelskonflikt mit China anzetteln. Sein Leben wäre einfacher, wenn er dies nicht getan hätte, sagte Trump am Mittwoch. Aber: "Ich bin der Auserwählte", um es mit China aufzunehmen. Trump fügte hinzu, die USA würden wahrscheinlich ein Handelsabkommen mit der Volksrepublik schließen.

Jeder US-Haushalt verliert

Die Handelskonflikte werden das Einkommen jedes amerikanischen Haushalts Berechnungen zufolge bis 2020 rechnerisch um 580 US-Dollar (523 Euro) verringern. Das erklärte das unabhängige Budgetbüro des Kongresses am Mittwoch. Die US-Wirtschaftsleistung werde wegen der Handelskonflikte um rund 0,3 Prozentpunkte geringer ausfallen. Nach 2020 werde der negative Effekt abflauen, weil Unternehmen ihre Lieferketten ändern werden.

Trump hat bisher immer betont, dass die Handelskonflikte nur den mit Strafzöllen belegten Ländern – darunter China – schaden würden. Experten befürchten indes, dass die Handelskonflikte zu einem deutlichen Abkühlen der US-Wirtschaft führen könnten.

Auch geplante Zinssenkung

Die IWF-Experten erteilten auch Trumps Forderung nach einer Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed eine Absage. Eine Abwertung der Währung eines Landes sei "schwierig umzusetzen und wahrscheinlich ineffizient". Auch durch Ausübung von Druck auf die Zentralbank werde das Ziel nicht erreicht. (APA, Reuters, 21.8.2019)