Mehr Bewusstseinsbildung gefordert: (v.l.) Johannes Kopf (AMS), Caroline Wallner-Mikl (Rewe), Gregor Demblin (MyAbility) und Martin Graf (Energie Steiermark).

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Behinderten werden noch immer allzu oft Leistungen im Arbeitsleben nicht zugetraut, sagt Gregor Demblin, Gründer von My Ability. Vor zehn Jahren als inklusive Jobplattform Career Moves gegründet, wurde fünf Jahre später das Projekt um die inklusive Unternehmensberatung erweitert und heißt seit damals My Ability. Am Mittwoch wurde Bilanz gezogen – und die ist für Demblin sehr erfreulich. Immerhin wurde in dieser Zeit mit mehr als 200 Unternehmen zusammengearbeitet, Schulungen für mehr 6.000 Führungskräfte wurden abgehalten, und 25 Firmen haben sich dem Disability-Wirtschaftsforum angeschlossen und tauschen regelmäßig ihre Erfahrungen aus.

Dennoch haben Menschen mit Behinderung große Hürden im Berufsleben zu bewältigen. Das spiegelt sich auch in den Arbeitsmarktdaten. Die Beschäftigungsquote der begünstigt Behinderten liegt bei 56,3 Prozent, während sie in der Gesamtbevölkerung bei 76,5 Prozent liegt. Dabei sind in diesen Zahlen nicht alle Menschen mit Behinderung erfasst.

Arbeitslosenzahl erstmals gesunken

Insgesamt leben in Österreich rund 1,7 Millionen Menschen mit Behinderung, sagt Demblin, doch nur ein Bruchteil (110.741 Personen) hat den Begünstigtenstatus. Das liege auch daran, dass sich Behinderte diesen aktiv holen müssen, durch den Amtsarzt werde dann der Grad der Behinderung festgestellt – und erst mit diesem Bescheid gelte der Kündigungsschutz, sagt Demblin. "Aber immerhin ist letztes Jahr erstmals die Arbeitslosenquote begünstigt behinderter Menschen von neun Prozent im Jahr 2017 auf 8,1 Prozent im Vorjahr gesunken", sagt er.

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Im Berufsleben müssen Menschen mit Behinderung nach wie vor viele Barrieren überwinden.
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"Wir haben aktuell fast 3.300 freie Stellen, bei denen extra darauf hingewiesen wird, dass Menschen mit Behinderungen gerne aufgenommen werden", sagt Johannes Kopf, Vorstand von AMS Österreich. Die Gründe sieht Kopf einerseits in der Bewusstseinsarbeit, wie sie My Ability leistet, andererseits aber auch im Fachkräftemangel. Menschen mit Behinderung ins Unternehmen zu holen sei kein soziales, sondern ein ökonomisch sinnvolles Thema, ergänzt er. "Unternehmen können auf dieses Potenzial nicht so einfach verzichten."

Sensibilisierung

Den wichtigsten Hebel dafür sieht er in der Sensibilisierung. Davon, die Ausgleichstaxe zu erhöhen, die für Unternehmen ab 25 Mitarbeitern anfällt, wenn dort keine Menschen mit Behinderung arbeiten und die mindestens 262 Euro pro Monat beträgt, hält Kopf wenig.

Für die Bewusstseinsbildung wünscht sich Demblin entsprechende Förderungen. In Österreich gebe es ein gutes Fördersystem für Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen einstellen, die Basis dafür müsse aber die Bewusstseinsbildung sein. Auch diese Leistungen sollten gefördert werden, sagt er.

Was daraus entstehen kann, zeigt der Handelskonzern Rewe. Vor wenigen Jahren wurde mit My Ability eine Disability-Strategie entwickelt. Seitdem ist die Zahl der Mitarbeiter mit Behinderung um 50 Prozent auf 600 gestiegen. Führungskräfte würden mit dem Thema mutiger umgehen, sagt Caroline Wallner-Mikl, Disability-Managerin bei Rewe. Auch bei der Energie Steiermark setzt man sich verstärkt mit dem Thema Inklusion auseinander. "In unserem Unternehmen ist es uns besonders wichtig, die passenden Rahmenbedingungen für Mitarbeiter mit Behinderung zu schaffen", so Martin Graf, dortiger Vorstandsdirektor. Das reiche von der Ausbildung bis zu barrierefreien E-Autos. (Gudrun Ostermann, 22.8.2019)