Darstellung von zwei fusionierenden Neutronensternen. Bei solchen Ereignissen breiten sich Gravitationswellen aus, wenige Sekunden später ereignet sich auch ein Gammastrahlen-Ausbruch.

Illustration: NSF/LIGO/Sonoma State University/A. Simonnet

Sehr massereiche Sterne wandeln sich am Ende ihres Lebens zu Neutronensternen. Kommen sich zwei solche Objekte nahe, nimmt die Gravitation ihren Lauf: Sie nähern sich immer weiter aneinander an bis sie schließlich Verschmelzen. Solche Ereignisse lassen sich nicht direkt beobachten, zumal sie extrem selten sind. Inzwischen konnten aber schon mehrfach Gravitationswellen gemessen werden, die unter anderem von solchen Kollisionen stammen.

Einem internationalen Forscherteam ist es nun erstmals gelungen, die bei einem solchen Zusammenstoß entstehende Wärmestrahlung im Labor zu messen – und so die Temperatur zu berechnen, die bei einer Sternenkollision herrscht. Möglich wurde das mithilfe des Langzeit-Experiments Hades am Schwerionenbeschleuniger des Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt. Wie die Forscher in "Nature Physics" berichten, sei damit nun der Blick auf die heiße und dichte Interaktionszone von zwei Neutronensternen frei.

Milliarden Schwerionen-Kollisionen

Wie beim Zusammenstoß von Neutronensternen entsteht beim Aufprall zweier Schwerionen, die sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, elektromagnetische Strahlung. Sie besteht unter andrem aus sogenannten virtuellen Photonen, die nach einem kurzen Moment wieder in reelle Teilchen zerfallen. Bei Experimenten mit Schwerionen entstehen solche virtuellen Photonen allerdings äußerst selten. "Wir mussten etwa drei Milliarden Kollisionen aufzeichnen und analysieren, um schließlich 20.000 messbare virtuelle Photonen zu rekonstruieren", sagt Jürgen Friese von der Technischen Universität München.

Um die seltenen und kurzlebigen virtuellen Photonen aufzuspüren, entwickelten die Wissenschafter eine spezielle eineinhalb Quadratmeter große Digitalkamera. Sie zeichnet den sogenannten Tscherenkow-Effekt auf: bestimmte Lichtmuster, die von den Zerfallsprodukten der virtuellen Photonen erzeugt werden. "Leider ist das Licht, das von den virtuellen Photonen ausgeht, extrem schwach. Die Kunst bei unserem Experiment lag also darin, die Lichtmuster zu finden", sagt Friese.

Spektakuläre Fusion

Mit bloßem Auge hätte man sie nicht erkennen können, deshalb nutzten die Forscher ein Verfahren zur Mustererkennung, bei dem ein Foto aus 30.000 Pixeln in wenigen Mikrosekunden mit elektronischen Masken abgerastert wird. Friese: "Ergänzend nutzen wir neuronale Netze und Künstliche Intelligenz."

Die Rekonstruktion der Wärmestrahlung diente den Forschern als Grundlage dafür, die Temperatur des bei einer Sternenkollision entstehenden neuen Systems auf 800 Milliarden Grad Celsius festzulegen. Damit zeige sich, "dass die untersuchten Fusionsvorgänge tatsächlich die kosmischen Küchen für das das Verschmelzen schwerer Kerne sind", so die Wissenschafter. (red, 25.8.2019)