In Salzburg am Weg ins Nirwana: Khatia Buniatishvili.

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Auf einen ekstatischen Tastentrip entführte die Pianistin Khatia Buniatishvili in ihrem Solistenkonzert mittels der psychogenen "Substanzen" Franz Schubert, Franz Liszt und Igor Strawinsky. Tatsächlich kam das schlichte einstimmige Grundmotiv des ersten der vier Schubert-Impromptus D 899 im Großen Festspielhaus aus einem pedalgefärbten nebligen Nirwana heraus. Es drehte Schleifen und schraubte sich mit sanft angeschlagenen taumelnden Tönen in Richtung klanglicher Ausnüchterung.

Allerdings nur, um wieder in den schillernden Anfang zurückzusinken, also: Es war kein Zugang zu Schuberts Stil, wie man ihn erwartet (und unbedingt öfter erleben muss). Er war aber überzeugend in der stilistischen Konsequenz und technischen Brillanz, mit der die georgische Pianistin diesen Psychotrip durchgezogen hat. War die Nr. 1 c-Moll ein traumverlorenes Auf-imaginärer-Stelle-Schweben, huschte die Nr. 2 im atemberaubend übersteuerten Tempo mit quasi knochenloser Fingerfertigkeit vorüber. Insgesamt kamen die Impromptus in der Lesart Buniatishvilis als ein durchkomponiertes Gedicht ohne Konsonanten daher.

Hohe Energetik

Eine deutliche Steigerung von Energieniveau und auch Tempo erzielte die Pianistin mit Franz Liszts Bearbeitung dreier Schubert-Lieder: Ständchen aus dem Schwanengesang, Gretchen am Spinnrade und – als virtuos galoppierender Höhepunkt und Steigerung in der Steigerung – Erlkönig: So deutlich Liszt diese Liedstrukturen erhalten hat, so deutlich machte die Pianistin ihrerseits diese Strukturen trotz allen Rasens kenntlich. Das war dann doch staunenswert.

Der Edelmann im Klang

Ans Circensische grenzt Franz Liszts Mazeppa aus den Études d’exécution transcendante: Khatia Buniatishvili nutzte den Überlebensritt des nackt auf sein Pferd gefesselten Edelmanns zum Brillieren, während sie die Ungarische Rhapsodie Nr. 6 Des-Dur mit ihren fordernden, repetierten Tönen und den melodischen Momenten erstaunlich "erzählerisch" und anschaulich anlegte. Da sah man doch tatsächlich gelegentlich einige Menschen friedlich über Heide und Steppen wandern oder auf irgendwelchen Tanzböden fiebrig sich drehen. Die Kapriolen der Holzpuppe in Igor Strawinskys Trois mouvements de Pétrouchka hingegen verwandelten jedes noch so deftige Jahrmarktstreiben in einen reinen Höllentrip aus Tempo und Brutalität.

Und es war dann schon wieder verwunderlich: Khatia Buniatishvili fand immer noch höhere Energielevels, und sie mobilisierte immer noch weitere Kraftreserven zur dann auch noch scheinbar spielerischen Bewältigung dieser Anforderungen der Superlative. (Heidemarie Klabacher, 22.8.2019)