Adelstitel mögen hierzulande längst abgeschafft sein. In gewissen Kreisen schert man sich um das seit 100 Jahren gültige Adelsaufhebungsgesetz reichlich wenig. Im privaten und gesellschaftlichen Verkehr wird der noble Namenszusatz weiter geführt und eingefordert.

Einsatz an der Kunstfront: Agnes Husslein fordert Beifall für Heidi Goëss-Hortens "Collection".
Foto: Karl Schöndorfer Toppress

Kurz nachdem Heidi Horten im Sommer 2015 in Kärnten den dritten Ehebund einging, startete in ihrem Wiener Büro ein Rundruf. Sogar Geschäftspartner wurden informiert, dass sie nun mit "Kari" aus dem Adelsgeschlecht derer von Goëss verheiratet sei. Die Botschaft war klar, der Titel Gräfin wurde für etwaige Korrespondenz vermerkt. Dass sich diese Anrede nun auf einer offiziellen Einladung zur Verleihung des Kärntner Landesordens in Gold an die Nämliche verirrte, war offiziell ein Malheur. Die Bezeichnung war irrtümlich vom Antrag auf Erteilung des Ordens vom Eishockeyklub KAC übernommen worden, heißt es.

Noble Gesellschaft

Ob Heidi Goëss-Horten bei der im Spätherbst vergangenen Jahres aus dem Bundeskanzleramt verschickten Einladung zur Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst ebenfalls als Gräfin tituliert wurde, war nicht in Erfahrung zu bringen. Gesichert ist, dass Ex-Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) ihr die Auszeichnung im Beisein einer teils noblen Gesellschaft überreichte: Eine Erzherzogin, ein Erzherzog, eine Prinzessin, ein Prinz und nicht weniger als 14 Grafen und Gräfinnen waren anwesend.

Darunter Laudatorin Gräfin Arco, besser bekannt unter ihrem zivilen Namen Agnes Husslein. Angesichts der nun bekanntgewordenen Spendierfreudigkeit Goëss-Hortens erscheint diese Würdigung einer ÖVP-Mäzenin nun in einem etwas anderen Licht. Ob Husslein, die in den vergangenen Jahren durchaus von guten Verbindungen in ÖVP-geführte Ministerien profitierte, im Hintergrund etwaige Strippen zog, muss eine Mutmaßung bleiben. Mit dieser Auszeichnung werden in der Regel Verdienste um Wissenschaft und/oder Kunst belohnt, die im Interesse Österreichs liegen, in ihrer Bedeutung und Auswirkung außerordentlich sind und in einer besonderen Weise öffentliche Aufmerksamkeit gefunden haben. Manche bekommen diese Auszeichnung ein Leben lang nicht, obwohl sie in ihrer beruflichen Tätigkeit diese Kriterien längst erfüllt hätten. Andere haben Fürsprecher. Im Falle Goëss-Hortens war dafür eine einzelne Ausstellung ausreichend: Von Mitte Februar bis Anfang September präsentierte das Leopold-Museum unter dem Titel "Wow! The Heidi Horten Collection" Teile ihrer privaten Kunstsammlung. Die Milliardärin war für sämtliche Kosten in unbekannter Höhe aufgekommen.

Nicht nur Freundin

Eingefädelt hatte das Agnes Husslein, eine langjährige und enge Freundin, die Horten seit Mitte der 1990er-Jahre bei den Kunstankäufen beraten hatte. Nicht umsonst, allfällige Honorare blieben all die Jahre freilich ein wohlbehütetes Geheimnis. Das eine oder andere Kunstwerk gastierte auch im Belvedere. Als Hussleins Ära dort nach fast zehn Jahren 2016 endete, zog Horten ihre Leihgaben prompt ab. Wie bekannt, war Husslein über Verstöße gegen Compliance-Richtlinien gestolpert, die sie teils eingestand und Wiedergutmachung in der Höhe von 30.000 Euro leistete.

Die Vorwürfe reichten vom Einsatz von Mitarbeitern für private Zwecke bis zu unzulässig verrechneten Spesen. Dass Hortens Name immer wieder auf Spesenrechnungen aufschien, hatte nicht verwundert: Sie war ja nicht nur Freundin, sondern auch Leihgeberin.

Eigentümliche Optik

Noch während die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue ermittelte, wurde Husslein im Februar 2017 vom damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in den Vorstand der Leopold-Museum-Privatstiftung berufen. Ihre Entsendung als Kontrolleurin in ein vom Bund subventioniertes Museum hatte zu diesem Zeitpunkt eine eigentümliche Optik.

Die Ermittlungen wurden im Dezember 2017 eingestellt. Zu einem Zeitpunkt, als Husslein für die ÖVP gerade das Regierungsprogramm im Bereich Kunst und Kultur verhandelt hatte. Die Bande in das Kabinett Blümels blieben weiter aufrecht, auch dank zweier dort tätiger Mitarbeiter aus Belvedere-Zeiten. Darunter ein Referent, der, nach einer Zwischenstation bei Heidi Horten, zu den engsten Mitarbeitern Gernot Blümels gehörte und bis heute im Kabinett des Kulturministeriums Dienst versieht.

Im Juli wurde bekannt, dass Heidi Goëss-Hortens etwa 700 Werke umfassende Kunstsammlung ab 2022 in einem eigenen und von Agnes Husslein geleiteten Museum zu sehen sein wird. Sofern sich die Frage etwaiger Subventionen irgendwann stellt, wird sich die ÖVP gewiss an das Engagement der beiden Gräfinnen erinnern. (Olga Kronsteiner, 23.8.2019)