FPÖ-Chef Norbert Hofer hat seinen Vorgänger Heinz-Christian Strache unter Kontrolle – zumindest auf Facebook.

Foto: Heribert Corn

Das Bahnkapperl liegt im Regal, ein Flugzeug ziert die Wand, Dackel Bruno wackelt durch den Flur. Im Büro von FPÖ-Chef Norbert Hofer erinnert kaum etwas an den Mann, der zuvor hier seinen Arbeitsplatz hatte: Johann Gudenus, der nach Auftauchen des Ibiza-Videos als einer der beiden Hauptdarsteller seinen Sessel als blauer Klubchef räumen musste. So sehr er sich auch ein Comeback von Türkis-Blau wünscht, Infrastrukturminister will Hofer dann nicht mehr sein. Er geht davon aus, dass er als Vizekanzler genug zu tun habe.

STANDARD: Ihrem Vorgänger Heinz-Christian Strache wurde bei einer Hausdurchsuchung auch das Handy abgenommen. Haben Sie schon nachgeschaut, welche Nachrichten da von Ihnen auftauchen könnten?

Hofer: Nein, aber davor habe ich keine Angst. Ob sich andere fürchten müssen, weiß ich nicht.

Ins Infrastrukturministerium will Norbert Hofer nicht mehr zurück: zu viel zu tun, sollte er Vizekanzler werden.
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STANDARD: Rechnen Sie damit, dass vor der Wahl noch Inhalte an die Öffentlichkeit gelangen?

Hofer: Es wäre überraschend, wenn keine SMS oder Whatsapp-Nachrichten auftauchen.

STANDARD: Die FPÖ attackiert im Tagesrhythmus die Ermittlungsbehörden. Ihr stellvertretender Klubchef Herbert Kickl und Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein fordern sogar personelle Änderungen bei der Soko Ibiza. Wollen Sie den Ermittlern unterstellen, unsauber zu arbeiten?

Hofer: Ich möchte der Justiz nichts unterstellen. Aber ich habe mich schon gewundert über die Streitereien zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und der Soko Ibiza, als es um die Auswertung von Straches Handy ging.

STANDARD: Braucht es für Sie eine Neubesetzung der Soko Ibiza?

Hofer: Ich möchte mich wirklich nicht einmischen in die Tätigkeit der Justiz.

STANDARD: Das überlassen Sie lieber Ihren Parteikollegen Kickl und Jenewein.

Hofer: Der Herr Jenewein geht da sicher schärfer rein als ich, aber seine Meinung sei ihm unbenommen.

STANDARD: Soll es dazu eine Sondersitzung im Parlament geben?

Hofer: Ich glaube nicht, dass es eine Sondersitzung braucht.

Wir haben an die 50.000 Mitglieder. Ich leite ja keine Überwachungsorganisation, die jeden überprüft.

STANDARD: Sie behaupten, ein Abtausch Spitzenposten für FPÖler gegen Glücksspiellizenzen für Novomatic hätte gar keinen Sinn gemacht, weil dafür eine Gesetzesänderung notwendig gewesen wäre. Das hätte Türkis-Blau doch leicht durchbringen können.

Hofer: Zusätzlich hätte es eine EU-weite Ausschreibung gebraucht. Logisch ist das für mich nicht.

STANDARD: Für die ermittelnden Behörden offenbar schon. Die haben in der anonymen Anzeige genug Anhaltspunkte gefunden.

Hofer: Vielleicht haben die Ermittler mehr Informationen. Aber auch Novomatic kann sich nicht zusammenreimen, wie das zusammenpassen soll.

STANDARD: Dass Novomatic jeden Verdacht zurückweist, ist wenig überraschend, oder?

Hofer: Natürlich.

Warum Tschank und Fuchs kandidieren dürfen, Strache aber nicht? Da gibt es "dieses Video", sagt FPÖ-Chef Norbert Hofer, "das ist nicht wegzudiskutieren".
Heribert Corn

STANDARD: Die FPÖ ist immer gegen Postenschacher aufgetreten. Jetzt mischt man lieber mit – die Bestellung Peter Sidlos, der als Casinos-Finanzdirektor im Zentrum dieser Causa steht, ist nur ein Beispiel.

Hofer: Also Postenschacherei ist für mich, wenn jemand einen Job bekommt, für den er eigentlich nicht qualifiziert ist.

STANDARD: Genau das war bei Sidlo nach Ansicht des Personalberaters der Fall.

Hofer: Warum die Bestellung trotzdem erfolgt ist, kann ich nicht nachvollziehen. Lassen Sie mich meinen Bereich beleuchten. Was Besetzungen bei der ÖBB anlangt: An der Spitze steht weiterhin ein Sozialdemokrat, der einen super Job macht. Nach dem Ausscheiden eines ÖVP-nahen Vorstands ist Arnold Schiefer gekommen, der zweifellos hochqualifiziert ist ...

STANDARD: ... und ein Blauer ...

Hofer: ... und bei der Asfinag hat sich ein FPÖ-naher Kandidat beworben, der auch beim Hearing mit Abstand der Beste war.

STANDARD: Das war Ihr Vize-Kabinettschef. Bei der Austro Control haben Sie einen alten Bekannten, den ehemaligen Geschäftsführer der Flugschule in Punitz, wo auch Ihr Flieger steht, installiert. Es heißt, er war Ihr Fluglehrer ...

Hofer: ... da habe ich jetzt endlich die Chance, das richtigzustellen. Erstens: Axel Schwarz ist sicherlich kein Parteimitglied, und er ist auch nicht mein Fluglehrer. Ich habe keine einzige Flugminute mit ihm verbracht.

STANDARD: Jetzt zählen wir auf. Bei ÖBB und Tochtergesellschaften finden sich etwa: eine Ex-FPÖ-Verkehrsministerin, Straches Trauzeuge, ein ehemaliger blauer Nationalrat und dessen Tochter.

Hofer: Man muss schon unterscheiden zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Dass man beim Aufsichtsrat Änderungen vornimmt, ist ja wohl klar. Aber ich habe sehr viele Sozialdemokraten im Amt belassen und auch sonst niemanden ins Amt gebracht, der nicht qualifiziert war.

STANDARD: Zusammengefasst: Sie haben den bestmöglichen FPÖler in eine Funktion gebracht.

Hofer: Nur in zwei Bereichen. Also mir kann man wirklich keinen Postenschacher vorwerfen.

STANDARD: Warum ist Burschenschafter Arnold Schiefer eigentlich aus der Partei ausgetreten?

Hofer: Er ist aus der Wiener FPÖ ausgetreten, weil er sauer war über den Umgang mit dem Ibiza-Video. Jetzt will er in Oberösterreich Mitglied werden.

STANDARD: Ein schnelles Comeback Straches schließen Sie wegen der laufenden Ermittlungen aus. Auch gegen den blauen Abgeordneten Markus Tschank und Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs wird in Zusammenhang mit der Novomatic-Causa ermittelt, die dürfen aber auf einem sicheren Listenplatz kandidieren. Warum sind Sie bei Strache so streng?

Hofer: Weder Fuchs noch Tschank waren auf Ibiza und haben dort vergleichbare Aussagen getätigt. Tschank war, als die Kooperation zwischen Novomatic und dem Verein begonnen hat, noch nicht Abgeordneter. Dass sich Fuchs etwas zuschulden kommen lassen hätte können, ist unvorstellbar.

STANDARD: Das hätten Sie früher auch über Strache gesagt.

Hofer: Da gibt es aber dieses Video. Das ist nicht wegzudiskutieren!

STANDARD: Haben Sie Straches Facebook-Seite jetzt unter Ihre Kontrolle gebracht?

Hofer: Die Administratorenrechte aller großen FPÖ-Seiten liegen bei der Partei, die ja auch sämtliche Werbeausgaben dafür trägt. In Wahlkampfzeiten wird auch die Redaktion zentral koordiniert, um sicherzustellen, dass die Postings zeitlich und inhaltlich optimal abgestimmt werden.

STANDARD: Das heißt, letztlich entscheidet die Partei und nicht Strache, was wann online geht?

Hofer: Ja, aber das ist auch bei mir und Herbert Kickl so.

STANDARD: Die bekannt gewordenen Details zu Novomatic erscheinen wie eine Bestätigung des im Ibiza-Video Gesagten. Sie reden immer lieber über die Hintermänner. Haben Sie einen Verdacht?

Hofer: Nein. Aber beides ist zu untersuchen: die Aussagen im wie auch die Hintermänner des Videos. Das ist wichtig, denn Politiker dürfen nicht erpressbar gemacht werden.

STANDARD: Für Sie steht ja so und so fest: Die eigentlichen Opfer des Ibiza-Videos sind die Österreicherinnen und Österreicher, weil ihnen diese wunderbare Regierung – jedenfalls aus Ihrer Sicht – abhanden gekommen ist.

Hofer: Die Regierung war schon bei einer Mehrheit im Land beliebt. Ich will eine Neuauflage, aber nicht um jeden Preis.

Nicht sein Fluglehrer, sondern ein alter Bekannter vom Flugplatz Punitz wurde unter Infrastrukturminister Hofer Geschäftsführer bei der Austro Control.
Foto: Heribert Corn

STANDARD: Ihre wichtigste Bedingung für eine Neuauflage von Türkis-Blau bleibt der Ausbau der direkten Demokratie. Ab wie viel Prozent soll es für Sie verpflichtende Volksabstimmungen geben?

Hofer: Dass wir uns letztlich darauf geeinigt haben, dass es 15 Prozent der Wahlberechtigten für eine verpflichtende Volksabstimmung braucht, hat mir sehr wehgetan. Das kann ich jetzt als Parteiobmann mit mehr Gewicht versehen. Wir wollten die Grenze bei vier Prozent. Klar ist: Bei den 15 Prozent kann es nicht bleiben!

STANDARD: Die ÖVP zieht hingegen schon Hürden hoch: kein Kickl, Identitärenverbot.

Hofer: Ich bin gespannt, ob es nach der Wahl gelingt, Hürden wieder einzureißen. Und mit den Identitären will ich schon lange nichts zu tun haben.

STANDARD: Es gibt aber mannigfaltige personelle Verstrickungen.

Hofer: Unter meiner Obmannschaft hat jemand, der ein Naheverhältnis zu dieser Gruppierung hat, keine Chance, eine Karriere in der FPÖ hinzulegen.

STANDARD: Das heißt, ein FPÖler darf nicht bei den Identitären mitmarschieren?

Hofer: Wer in der FPÖ aktiv ist, kann dort nicht mitmachen. Aber wir haben an die 50.000 Mitglieder. Ich leite ja keine Überwachungsorganisation, die jeden überprüft.

STANDARD: Hand aufs Herz: Hat Sie dieser Message-Control-Zwang von Sebastian Kurz nicht genervt?

Hofer: Wer mich kennt, weiß, dass ich so ziemlich das Gegenteil davon bin. Ich bereite mich nicht so akribisch vor. Das geht meistens gut, manchmal auch schief. Jedenfalls ist es weniger anstrengend. (Peter Mayr, Karin Riss, 23.8.2019)