So könnte das Herz einer künftigen Mondkolonie aussehen.
Illustgration: DLR/Eden-ISS

Bremen – So langsam wird es mit dem Projekt Eden-ISS wirklich interessant: Der geglückte Gemüseanbau in einem hermetisch abgeschlossenen Gewächshaus, das in der Antarktis aufgestellt wurde, war ja schön und gut. Doch handelte es sich dabei nur um Schritt 1 auf dem Weg zu einem ganz anderen Ziel: nämlich ein solches Gewächshaus auch im All zu betreiben, um Astronauten auf Mond- und Marsmissionen Nahrung zu liefern. Wie das verwirklicht werden soll, haben die Projektbetreiber vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nun präsentiert.

Landwirtschaft in geschlossenem System

Sie stellten ein von ihnen konzipiertes Gewächshausmodul vor, das mit einer kommerziellen Falcon-9-Rakete ins All transportiert werden könnte. Laut DLR würde sich die Anlage nach der Landung auf einem anderen Himmelskörper entfalten und würde dann eine Anbaufläche von rund 30 Quadratmetern bieten. Sie könnte rund 90 Kilogramm Obst und Gemüse pro Monat liefern.

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Ein Hightech-Biofiltersystem könnte dabei aus Bioabfällen und dem Urin der Astronauten sogar eine Düngerlösung produzieren, die die Pflanzenzucht antreibt. Auf diese Weise entstünde dann ein "fast vollständig bio-regeneratives Lebenserhaltungssystem".

Was zuvor getan werden musste

Die Experten stützten sich auf Erfahrungen mit einem einjährigen Testlauf des Eden-ISS-Gewächshauses am Südpol. Der Container wurde neben der Polarforschungsstation Neumayer III errichtet und versorgte die dort überwinternde Crew mit Frischgemüse und Kräutern.

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Ein Bad im warmen Kunstlicht des neuen Eden.
Foto: AP/DLR

In Eden-ISS werden Pflanzen bei Kunstlicht ohne Erde gezüchtet, indem sie mit einer Nährlösung besprüht werden. Auf diese Weise ist das System von der Außenwelt unabhängig. Der Gewächshauscontainer steht nach wie vor an der AWI-Station Neumeyer III und wird derzeit für eine weitere Anbausaison vorbereitet. Die US-Weltraumbehörde NASA schickte laut DLR Salatsamen, die auf der Weltraumstation ISS zum Einsatz kommen.

Durch die neuen Tests sollen zusätzliche Erfahrungen gewonnen, etwa mit Blick auf die ferngesteuerte Kontrolle von Bremen aus. Auf einer Anbaufläche von 12,5 Quadratmetern hatte Eden-ISS im vorigen Jahr binnen neun Monaten knapp 270 Kilo Salat, Paradeiser, Gurken, Radieschen, Kohlrabi und Kräuter erzeugt. DLR und AWI zeigten sich danach hochzufrieden. Unter anderem hoben sie auch die positiven psychologischen Auswirkungen auf die Crew hervor.

Positive Überraschungen und Verbesserungsbedarf

Eine weitere Erkenntnis aus der Probesaison war laut Forschern, dass der Energieverbrauch des Moduls deutlich niedriger war, als für Gewächshäuser für Weltraummissionen bisher angenommen wurde. "Dies ist ein wichtiger Aspekt für einen späteren Weltraumbetrieb und lässt uns zuversichtlich in die Zukunft dieser Idee schauen", erklärte Projektleiter Daniel Schubert.

Zugleich gibt es nach den Angaben des DLR noch Schwachstellen im Konzept. So ist der Zeitbedarf für Wartung und Betrieb derzeit zu hoch: Drei bis vier Stunden waren dafür bei Eden-ISS in der Antarktis im vergangenen Jahr nötig. "Für ein zukünftiges Weltraumgewächshaus muss der Aufwand wertvoller Astronautenzeit noch deutlich reduziert werden", erklärte DLR-Experte Paul Zabel, der das Gewächshaus betreut hatte.

Weitere Verwendungsmöglichkeiten

Allerdings könnte es für ein solches Gewächshaus auch andere Verwendungsmöglichkeiten als für bemannte Mond- und Marsmissionen, die zumindest für einige Jahre noch Zukunftsmusik bleiben. Das DLR und das ebenfalls beteiligte Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung (AWI) denken auch an Einsätze auf der Erde, etwa in sehr lebensfeindlichen Gegenden wie Wüsten und arktischen Regionen. Denkbar sei zunächst auch ein ganz praktischer Einsatz an Bord des AWI-Eisbrechers Polarstern auf dessen Expeditionen. (red, 23. 8. 2019)