"Konga" von Kurt Kocherscheidt stammt von 1968 und damit aus der Phase, bevor der Künstler die Reduktion auf archaische Formen und Farben für sich entdeckte.

Foto: Museum Liaunig/Nachlass Kurt Kocherscheidt

"Das Rote Haus (Rote Architektur)" von 1988 zeugt vom Kocherscheidt'schen malerischen Hermetismus.

Foto: Museum Liaunig/Nachlass Kurt Kocherscheidt

Von langsamer Heimkehr kann man nicht sprechen, von einer sehr bemerkenswerten posthumen Stippvisite schon. "Ich denke, mein Vater wäre trotz der differenzierten Beziehung zu seinem Heimatbundesland mit dieser Ausstellung glücklich gewesen", mutmaßt Ivo Kocherscheidt ob der von ihm mitgestalteten Personale zu Kurt "Kappa" Kocherscheidt im Südkärntner Privatmuseum Liaunig.

Also, was halt "glücklich" bei einem Künstler bedeutet, für den Bildtitel wie Der Frosch als Tod oder Totenkopf bezeichnend sind und der nach dem zweiten Herzinfarkt eine rätselhafte Komposition – von "fliegenden Brocken" sprach seine Ehefrau Elfie Semotan – schon fast beschwörend als Dynamo des Herzens ausgab.

Radikale Reduktion

Die radikale Reduktion seiner Bildwelt auf einige elementare Formen und Farben hat der 1943 in Klagenfurt geborene Kurt Kocherscheidt wohl schon Anfang der 70er-Jahre während eines London-Aufenthalts als lockend empfunden. Den neuen Werkabschnitt, der den bunten Anfängen folgte, markierte der Signaturwechsel vom Vollnamen zu "Kappa", der Bezeichnung des "K" im griechischen Alphabet. 1986 ist ein Restblau bereits die Ausnahme, wobei da schon auch ein wenig Selbstironie mitschwingt. Im sogenannten Spätwerk jedenfalls, von den ausgehenden 80er-Jahren bis zum Herztod im November 1992, gibt es noch einmal einen Signaturwechsel, und zwar von "Kappa" zum nackten "K".

In Holzarbeiten, vom Künstler selbst "Bretterwände" genannt, von den 1986 entstandenen Feldern über das Rote Haus bis zum letzten Ölbild, dem Flinken Auge von 1992, kommt der Kocherscheidt'sche Hermetismus zur Vollendung – und im Museum Liaunig eindrucksvoll zur Geltung.

Unbekanntes Farbland

Um es in des Künstlers Worten zu sagen: "Es ist wie ein Vordringen in ein unbekanntes Land", eine "Grenze der Erklärbarkeit" muss überschritten werden. Wie in der hermetischen Poesie bleibt die Realität als Ausgangspunkt des Gestaltungsprozesses erahnbar, aber die Dekonstruktion öffnet den Kanon der Erscheinungsbilder, sodass ein Schwall an Bedeutungen in das Bewusstsein des Betrachters hereinbricht.

Paradox ist, dass diese wunderbare Bedeutungsvermehrung nicht durch eine Kumulation an Formen und Farben erreicht wird, sondern im Gegenteil durch eine Konzentration der wahrgenommenen Welt auf archaisch, geradezu mythisch anmutende Siglen.

Gegen Abenteuerhefte getauscht

Museumsgründer Herbert Liaunig hat recht, wenn er meint, die Faszination von Kocherscheidts Bildern liege in der Schwierigkeit der Interpretation. Es seien Bilder, die gemalt wurden, um gesehen, und nicht, um besprochen zu werden: "Sie sind Ausdruck eines Seelenzustands und eines Gemütszustands und können nicht einfach interpretiert werden. Man muss sie gesehen haben."

Das erste Bild Kocherscheidts erhielt der Kunstsammler übrigens im Austausch gegen eine Sammlung von Abenteuerheften. Deren Inspirationskraft soll man nicht unterschätzen, wie wir seit Franz Grillparzer wissen. (Michael Cerha. 24.8.2019)