Wegen eines Besuchers dieser Finca und dessen Handy herrscht zwischen WKStA und Soko Ibiza nicht eitel Sonnenschein.

Foto: Imago/Crei

In der Causa Ibiza muss die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit einem BVT-Beamten zusammenarbeiten, gegen den die Anklägerbehörde noch vor wenigen Monaten selbst ermittelt hat. Das geht aus einer unvollständige Liste der Soko-Ibiza-Mitglieder hervor, die dem STANDARD vorliegt.

Konkret handelt es sich um einen Mitarbeiter des Referats Nachrichtendienste, der im Zuge der BVT-Affäre als Beschuldigter geführt wurde. Die WKStA vermutete, dass er an der illegalen Aufbewahrung von Daten des Rechtsanwalts Gabriel Lansky beteiligt war, der als Dorn im Auge der ÖVP gilt. Inzwischen wurden die Ermittlungen eingestellt, ein gutes Gefühl hat die WKStA bei der Zusammensetzung der Soko dennoch nicht.

Seit Publikwerden des blauen Casinos-Gate durch die Razzien bei Strache, Gudenus und Co rückt vor allem die FPÖ die Soko Ibiza in ein schiefes Licht, und zwar wegen ihrer angeblichen ÖVP-Nähe. Klubchef Herbert Kickl und der Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein verlangen gar die Neubesetzung der Ermittlungsbehörde, die dem Bundeskriminalamt unterstellt ist. Weil bei den Razzien unter anderem auch Straches Mobiltelefon konfisziert wurde, will der Ex-FPÖ-Chef "gegen die Hausdurchsuchung und die Sicherstellung des Handys Beschwerde und Einspruch" erheben, wie Straches Anwalt Johann Pauer bestätigt.

"Auf türkisem Auge blind"

Parallel zur FPÖ schießt sich auch Peter Pilz immer heftiger auf die Soko ein – er will eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen, weil nun angeblich Kriminalpolizisten mit ÖVP-Parteibuch gegen FPÖ wie ÖVP ermitteln. Hintergrund seines Argwohns: Auch mit der türkisen Schredderaffäre ist die Soko Ibiza befasst, denn derzeit wird von der WKStA auch ein Konnex zwischen dem Ibiza-Video und dem Schreddern von Festplatten aus dem Kanzleramt geprüft. Hier fragen sich Kritiker, warum die Soko das Smartphone des türkisen Festplattenvernichters nicht mitnahm.

Eine ÖVP-Nähe in der Soko Ibiza gilt etwa auch durch einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes belegt, der ebenfalls in die Soko Ibiza entsandt wurde. Der Mann war gemeinsam mit dem Hauptbeschuldigten in der BVT-Affäre in einem Verein aktiv; außerdem gibt es einen namensgleichen ÖVP-Gemeinderat in Oberösterreich.

Das Bundeskriminalamt wollte auf Anfrage nicht bestätigen oder dementieren, ob es sich um eine zufällige Namensgleichheit oder um ein und dieselbe Person handelt. Andere Beamte der Soko wiederum haben unter den ÖVP-Innenministern Karriere gemacht. Sie sollen sich auf jenen Listen befinden, auf denen unter dem einstigen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) förderungswürdige Beamte vermerkt worden sind.

Eine Parteimitgliedschaft allein ist freilich noch kein Beleg für Befangenheit, wie Justizminister Clemens Jabloner angesichts der Vorwürfe von FPÖ und Pilz festgehalten hat – und auch diverse Verfassungsjuristen sehen noch keinen Anlass für Misstrauen.

Ein Kenner des Innenministeriums bestätigt, dass rund "90 Prozent" der Mitarbeiter im Ressort seit der Ära von Strasser auch deswegen Karriere gemacht haben, weil sie der richtigen Partei, also der ÖVP, angehört haben – oder weil sie eben im Abtausch mit dem jeweiligen Koalitionspartner, also FPÖ oder SPÖ, befördert wurden. Allerdings seien auch die Attacken von Pilz mit Vorsicht zu genießen, weil der Aufdecker wegen seines ungesicherten Wiedereinzugs in den Nationalrat nun jede Gelegenheit für große Auftritte nützt. Trockener Nachsatz: "Am liebsten würde ja Pilz selbst die Soko Ibiza leiten."

Eine eigene Justizpolizei?

Wie also größtmögliche Transparenz rund um die Soko schaffen? Eine mögliche Reformvariante praktiziert die WKStA schon bei den BVT-Ermittlungen. Dafür verfügt sie über ein kleines Team von Ermittlern. Das wird von den Beschuldigten zwar problematisch gesehen, da diese Konstellation verfassungsrechtlich derzeit nicht vorgesehen ist. Meinhard Novak, Anwalt der fallführenden Staatsanwältin im BVT-Fall und einst selbst Staatsanwalt und Richter, plädiert für die Einrichtung einer eigenen Justizpolizei.

"Wir brauchen die Möglichkeit einer institutionalisierten Justizpolizei, die bei der Korruptionsbekämpfung zum Einsatz kommt", befindet er. (Fabian Schmid, Nina Weißensteiner, 23.8.2019)