Die Nasa lieferte eine erschreckende und zugleich beeindruckende Aufnahme der Brände im Amazonas-Gebiet.

Foto: AFP PHOTO / NASA / JOSHUA STEVENS / HO

Brasília/Biarritz – Wie am Dienstagmorgen bekannt wurde, hat die brasilianische Regierung die von den G7-Staaten zugesagte Millionenhilfe im Kampf gegen die Waldbrände in der Amazonas-Region abgelehnt. Der Kabinettschef von Präsident Jair Bolsonaro, Onyx Lorenzoni, erklärte am Montag dem Nachrichtenportal "G1", die 20 Millionen Dollar (18 Millionen Euro) sollten vielmehr dazu verwendet werden, die Wälder in Europa wiederaufzuforsten. Das Präsidentenbüro bestätigte die Ablehnung der Soforthilfe.

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Umweltminister Ricardo Salles hatte zunächst die Unterstützung durch die G7 begrüßt. Hilfe sei "immer willkommen". Über die Verwendung der Gelder wolle man jedoch selbst entscheiden, erklärte er am Montag.

Lorenzoni sagte allerdings ab und rief zugleich den französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf, dieser solle sich lieber um die Probleme bei sich "zu Hause" und in den französischen "Kolonien" kümmern. Eine Stellungnahme des Präsidentenpalastes dazu lag zunächst nicht vor.

Geldgeber Großbritannien

Mit dem Geld sollten vor allem Löschflugzeuge finanziert werden, sagte Macron am Montag beim Gipfeltreffen der führenden Industrieländer im südfranzösischen Biarritz. Großbritannien hätte fast die Hälfte der Spendensumme getragen. Das Land hatte bereits am Montagmorgen angekündigt, mit zehn Millionen Pfund (rund elf Millionen Euro) den Kampf gegen die Brände zu unterstützen.

Es sei "erschreckend zu sehen, wie der Amazonas-Urwald vor unseren Augen brennt", begründete der britische Premierminister Boris Johnson beim G7-Gipfel die Entscheidung. "Wir können den Klimawandel nicht aufhalten, wenn wir nicht die Natur schützen."

DER STANDARD

In einem zweiten Schritt, so der Plan, hätte im September bei der Uno-Vollversammlung eine Amazonas-Initiative gestartet werden sollen. Dabei würde es auch um Aufforstung gehen, sagte Macron. In der ökologisch wichtigen Amazonas-Region lodern derzeit tausende Waldbrände. Die G7-Länder einigten sich auf ihrem Gipfel auf einen Wiederaufforstungsplan.

Brasiliens Regierung verspottet Macron

Brasilien ist von den Bränden im Amazonas-Becken am stärksten betroffen. Nach Angaben des brasilianischen Weltraumforschungsinstituts Inpe belief sich die Zahl der Brände seit Jahresbeginn auf 79.513. Der ultrarechte Staatschef Bolsonaro hatte Macron wegen dessen Vorgehens Einmischung in innere Angelegenheiten, eine "kolonialistische Mentalität", eine "Instrumentalisierung" der Amazonas-Waldbrände sowie einen "sensationsgierigen Ton" vorgeworfen. Macron drohte ihm daraufhin mit einer Blockade des EU-Freihandelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten.

Bolsonaro sorgte indes mit der Billigung eines sexistischen Facebook-Beitrags über Frankreichs Präsidentengattin Brigitte Macron für Empörung. Präsident Macron verurteilte Bolsonaros Verhalten als "überaus respektlos" und deutete seine Hoffnung auf ein baldiges Ende von dessen Amtszeit an. Der Brasilianer antwortete, er könne Macrons Attacken nicht hinnehmen.

Macron griff Bolsonaro am Rande des G7-Gipfels scharf an. "Was kann ich Ihnen sagen? Das ist traurig, das ist traurig, aber das ist traurig zuerst für ihn und die Brasilianer." Die Brasilianer seien ein "großartiges Volk", das sich wahrscheinlich für seinen Präsidenten schäme, sagte Macron. Er hoffe, dass die Brasilianer "sehr schnell" einen Staatschef bekämen, "der sich angemessen verhält".

Die Folgen der Brände.

Militärflugzeuge gestartet

Unter dem internationalen Druck verlegte Brasilien am Sonntag zwei Transportflugzeuge vom Typ Hercules C-130, die je 12.000 Liter Wasser transportieren und ablassen können. Die beiden Maschinen sind von Porto Velho im besonders schwer betroffenen Bundesstaat Rondonia aus im Einsatz und überfliegen die Brandgebiete in geringer Höhe. Rund 43.000 Soldaten unterstützen die Löscharbeiten.

Boliviens Regierung lieferte einen "Supertanker", der bei der Bekämpfung der Brände am Amazonas helfen soll.
Foto: APA/AFP/AIZAR RALDES

Nasa-Aufnahmen zeigen Feuer auf weiteren Kontinenten

Satellitenbilder der Nasa, die derzeit um die Welt gehen, zeigen jedoch auch zahlreiche Feuer auf weiteren Kontinenten: Auch weite Teile Zentral- und Ostafrikas brennen. Die fast flächendeckenden roten Punkte sind zwar nicht maßstabsgetreu – sagen also nichts über die Größe eines Feuers aus –, zeigen jedoch, wie viele Brände es momentan gibt.

Der "Spiegel" bezeichnet sie als "Lebenselixier der afrikanischen Savannen": Mit den Bränden soll ausgetrocknetes Gestrüpp beseitigt werden, weil es junge Pflanzen am wachsen hindert, die Asche wiederum düngt den Boden.

Ermittlungen wegen Tags des Feuers: Koordinierte Aktion?

Angesichts der Brände in Brasilien ermittelt mittlerweile auch die Polizei gegen die Organisatoren des sogenannten Tags des Feuers. "Die Bundespolizei wird den Fall mit ihrer Expertise aufklären", schrieb Justizminister Sérgio Moro am Sonntag auf Twitter. Kriminelle Brandstiftung im Amazonas-Gebiet werde hart bestraft. Zuvor hatte die Zeitschrift "Globo Rural" berichtet, dass sich im Bundesstaat Pará zuletzt über 70 Personen in einer Whatsapp-Gruppe dazu verabredet hätten, große Flächen entlang der Landstraße BR-163 in Brand zu stecken.

Ziel der koordinierten Aktion sei gewesen, Bolsonaro in seinem Plan zu unterstützen, die Umweltkontrollen zu lockern, hieß es in dem Bericht. Nach Einschätzung von Naturschützern werden die meisten Brände von Farmern gelegt, um neue Weideflächen für ihr Vieh zu schaffen. Da es momentan in der Region ungewöhnlich trocken ist, greifen die Brände immer wieder auch auf intakte Waldflächen über.

Der örtliche Bauernverband hat eine koordinierte Brandrodung in der Region bestritten. "Wenn es so etwas gegeben hat, war es ein Einzelfall. Wir wissen nichts von einer orchestrierten Aktion", sagte der Präsident des Verbands in Novo Progresso, Agamenon da Silva Menezes, am Montag.

Auch DiCaprio stellt Geld auf

Auch der US-Schauspieler Leonardo DiCaprio will dem Amazonas-Regenwald helfen. Seine Umweltorganisation Earth Alliance soll lokale Gruppen, die sich für den Schutz des Regenwaldes einsetzen, mit insgesamt fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) finanzieren, berichtete die BBC.

Seit mehreren Tagen postet DiCaprio Fotos der Brände am Amazonas auf Instagram. Er zeigt sich "sehr besorgt über die Amazonas-Krise" und schreibt, dass jetzt höchste Zeit sei zu handeln. (APA, red, 27.8.2019)