Denkt über das Leben nach dem Tod nach – und sicherheitshalber auch über das davor: Songwriter Lloyd Cole.

Foto: Earmusic (Edel)

1. Lloyd Cole – Guessworks

Auf seinen frühen, mit den Commotions eingespielten Alben juchzte der Songwriter aus Buxton (England) wie ein Literaturstudent. Er konnte Joan Didion und Norman Mailer zitieren, da bissen die Ball-Königinnen an. Heute lebt Lloyd Cole in Massachusetts. Er singt auf seinem elektronisch gut gepolsterten, gemächlich vor sich hinpluckernden Alterswerk Guessworks kokette Verse wie "So I'm a complicated motherfucker ...". Woanders fragt er: Bin ich noch am Leben? Für danach hat er sich vorgenommen, im Safari-Anzug Bier zu trinken. Ach, Lloyd: 58 ist doch noch kein Alter! Tolle Platte, wie von Marc Aurel.

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2. The Pearlfishers – Love & Other Hopeless Things

Eines der bestgehüteten Geheimnisse der schottischen Songschmiedekunst ist in Glasgow beheimatet. Dort arbeitet David Scott als The Pearlfishers mit bescheidenen Mitteln am überdimensionalen Pop-Entwurf. Die Trompete ist gestopft, der Chor macht "Na-na-na". Die schönsten Lieder auf Love & Other Hopeless Things haben zwischen Strophe und Refrain Brücken, die aus Elfenbein und Leberwurst errichtet sind. Als Hörer möchte man jauchzen: "And London's crystallised on an 80s postcard"! Jetzt macht das Label Marina Records, das solche Schätze verbreitet, den Laden dicht. Die Welt ist ein Sündenpfuhl.

The Pearlfishers - Topic

3. Die Höchste Eisenbahn – Ich Glaub Dir Alles

Die besten deutschen Indie-Platten dieser Tage und Legislaturperiode(n) haben mit den 1980er-Jahren zu tun. Die Berliner Band Die Höchste Eisenbahn besitzt mit Francesco Wilking und Moritz Krämer nicht nur zwei veritable Kompositeure. Die Platte Ich Glaub Dir Alles ist bei Paddy McAloon (Prefab Sprout) in die Schule gegangen. Die Herrschaften schrauben Yacht-Pop mit Gitarrenfiguren zusammen, die man so ähnlich auch bei Johnny Marr (The Smiths) gehört hat. Texte über die Beißhemmung der Unzufriedenen besitzen den Charme des Hingerotzten. Denn: "Immer ist jemand enttäuscht."

Die Höchste Eisenbahn

(Ronald Pohl, 27.8.2019)