In Zukunft wird Agnes Husslein-Arco das Museum von Milliardärin Heidi Horten führen. Trittsicherheit am gesellschaftlichen Parkett kann da nur von Vorteil sein.

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Der räumlichen Trennung von Ehepartnern folgt mitunter ein jahrelanger Rechtsstreit. Oft geht es dabei um Geld. Insofern unterschied sich der Disput zwischen der Österreichischen Galerie Belvedere und seiner ehemaligen Direktorin Agnes Husslein-Arco von einer herkömmlichen Scheidung nur in einem Punkt: das Vertragsverhältnis endete bereits am 31. Dezember 2016. Der Streit um wechselseitige Ansprüche wurde erst jetzt beigelegt, wie man am Freitag bekannt gab.

Die knapp gehaltene Stellungnahme zur außergerichtlichen Einigung war von Juristen formuliert, führte die strittigen Punkte "Jahresprämien aus den Jahren 2015 und 2016" sowie "Pflichtverletzungen" an, jedoch keine Details zum Vergleich. Man habe Stillschweigen vereinbart, heißt es. Die Genese und Hintergründe zu diesem Disput blieben unerwähnt. Sie reichen in das Jahr 2016 und darüber hinaus zurück.

2007 hatte die studierte Kunsthistorikerin die Leitung des Belvedere übernommen. Einer ersten Vertragsverlängerung 2010 sollte im Frühjahr 2016 eine weitere folgen. Eine Findungskommission hatte ihre Wiederbestellung bereits befürwortet, als schwerwiegende Vorwürfe gegen die Kulturmanagerin bekannt wurden. Der teils despotische Umgang mit Mitarbeitern war weniger das Problem, als die vorerst mutmaßlichen Verstöße gegen Compliance Richtlinien.

Die Bandbreite reichte von der Nutzung von Mitarbeitern für private Zwecke bis zu unzulässig verrechneten Spesen, etwa wenn Husslein-Arco ihren Arbeitsplatz während des Sommers an den Wörthersee verlegte. Hierfür waren etwa Spesen für Flüge zwischen Klagenfurt und Wien oder Kilometergeld für Fahrten innerhalb Kärntens oder nach Salzburg angefallen. Dass auf solchen Abrechnungen auch der Name Heidi Horten auftauchte, verwunderte nicht: Die Milliardärin ist nicht nur Husslein-Arcos Freundin, sondern hatte dem Belvedere auch Leihgaben überlassen.

Causa polarisierte Kunstszene

Die Causa polarisierte die Kunstszene, obwohl Husslein-Arcos fachliche Kompetenz und ihre nachweislichen Erfolge für das Haus nie in Frage standen. Für ihre Fürsprecher, darunter Sepp Schellhorn (Neos) und Museumsdirektoren wie Sabine Breitwieser oder Hans-Peter Wipplinger, fiel das alles in die Kategorie Bagatellen. Manch einer forderte gar überspitzt, sie verdiene einen eigenen Mitarbeiter, der mit ihrem Hund künftig Gassi gehe.

Kulturminister Thomas Drozda leitete eine Prüfung in die Wege, die schließlich eine Vielzahl der Vorwürfe bestätigte. Husslein-Arco gestand diese ein und leistete eine monetäre Wiedergutmachung von 30.000 Euro. Verlängert wurde sie dennoch nicht.

Soweit die Vorgeschichte zu jenem Disput, der vor Gericht landete. Denn aus den Jahren 2015 und 2016 standen der Ex-Direktorin, ungeachtet der Compliance-Causa, noch Erfolgsprämien in einer Größenordnung von 120.000 Euro zu. Die Finanzprokuratur ordnete jedoch vorab eine Prüfung etwaiger Regressansprüche an. Ergebnis: Das Belvedere sah sich etwa zu einer Selbstanzeige beim Finanzamt gezwungen. Dabei ging es um Privatfahrten mit Firmenfahrzeugen, die als Sachbezug zu versteuern gewesen wären.

Die Steuernachzahlung in der Höhe von 24.154,90 Euro war nur eine der vom Belvedere bezifferten Rückforderung. Insgesamt ging es um einen sechsstelligen Gesamtwert, der die Summe der Erfolgsprämien überstieg. Wie der aktuellen Stellungnahme zu entnehmen ist, dürften einige der von Juristen als Pflichtverletzung Husslein-Arcos gewerteten Forderungen über eine standardmäßig für Geschäftsführer abgeschlossene Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gedeckt worden sein.

Causa Pezold noch ungeklärt

Ein anderer juristischer Streitfall aus der Ära der Ex-Direktorin beschäftigt Gerichte indes bis heute. Dabei geht es um eine Video-Installation von Friederike Pezold, die zwar bezahlt, jedoch von der Künstlerin nie geliefert wurde. Es geht um 100.000 Euro, laut Geschäftsordnung des Belvedere ein Schwellenwert. Ein darüber liegender Kaufpreis hätte der expliziten Genehmigung des Kuratoriums bedurft.

Der Ankauf war 2016 noch von Agnes Husslein-Arco mündlich vereinbart worden, die den eigens rückdatierten Kaufvertrag im Jänner 2017 unterzeichnete, als sie gar nicht mehr im Amt war. Trotz mehrmaliger Urgenzen seitens Belvedere blieb die Lieferung des Kunstwerkes aus, weshalb man vom Kaufvertrag zurücktrat und die Rückzahlung forderte. Pezold verweigerte, weshalb der Betrag Ende 2017 bei Gericht eingeklagt wurde.

Der im Jänner 2019 verlautbarte Vergleich ist mittlerweile wieder vom Tisch, wie der STANDARD in Erfahrung bringen konnte. Pezold hätte die Installation bis 15. Juni liefern sollen, andernfalls den Kaufpreis zuzüglich vier Prozent Zinsen rückerstatten. Beides blieb aus, der Streit geht weiter. Die Prozesskosten sollen sich dem Vernehmen nach bislang auf etwa 20.000 Euro summiert haben. (Olga Kronsteiner, 27.8.2019)