Wien/Brüssel – Die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen beginnt ihre offiziellen Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten für die künftige EU-Kommission. Bis dato liegen die Nominierungen von 25 der 27 EU-Staaten auf dem Tisch. Italien und Frankreich fehlen noch. Vorgeschlagen wurden 13 Männer und zehn Frauen, wobei Portugal und Rumänien – wie von der Leyen wünscht – einen Mann und eine Frau nominierten.
Um Spekulationen zu vermeiden, so eine Sprecherin der scheidenden Kommission von Jean-Claude Juncker, wird es keine Bekanntmachungen über mögliche Kandidatenlisten geben. Die von den Ländern nominierten Kandidaten sind zumindest schon bekannt, diese können jedoch noch abgelehnt beziehungsweise ausgetauscht werden:
Österreich: Einstimmig hat der Hauptausschuss des Nationalrats JOHANNES HAHN (ÖVP) für eine dritte Amtszeit in der Kommission nominiert. Zuletzt war er für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständig. Auch in Zukunft hätte er gern ein außenpolitisches Dossier.
Belgien: In letzter Minute kam auch der Vorschlag von der geschäftsführenden Regierung in Belgien: Der liberale Außenminister DIDIER REYNDERS interessiert sich schon länger für einen EU-Spitzenjob.
Bulgarien: MARIJA GABRIEL ist bereits seit Juli 2017 in der Kommission für digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig. Die konservativ-nationalistische Regierung will die 40-Jährige auch in der neuen Kommission sehen, das Digital-Portfolio gehört wieder zu den Favoriten.
Dänemark: Der EU-Spitzenkandidatin der Liberalen und bisherigen Wettbewerbskommissarin MARGRETHE VESTAGER hat von der Leyen bereits einen Posten als Vizepräsidentin der Kommission zugesagt.
Deutschland: Das EU-Parlament hat die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin URSULA VON DER LEYEN aus den Reihen der Konservativen bereits im Juli als Kommissionspräsidentin bestätigt.
Estland: Mit KADRI SIMSON schickt Estland die frühere Wirtschaftsministerin von der regierenden Zentrumspartei ins Rennen. Die Regierung wünscht sich das Portfolio Infrastruktur oder Handel.
Finnland: Ex-Finanzministerin JUTTA URPILAINEN setzte sich im internen Konkurrenzkampf der Sozialdemokraten durch und soll künftig in Brüssel arbeiten. Ein Ressort im Finanzbereich liegt auf der Hand.
Frankreich: Paris hat noch keine Kandidaten genannt.
Griechenland: Die neue konservative Regierung setzt auf MARGARITIS SCHINAS. Der Christdemokrat war in den vergangenen fünf Jahren Chefsprecher der EU-Kommission und zuvor im EU-Parlament aktiv.
Großbritannien nominierte angesichts des geplanten Brexits am 31. Oktober keinen Kandidaten mehr.
Irland: PHIL HOGAN ist in Brüssel ebenfalls schon ein Name. In der vergangenen Periode war der Christdemokrat als Landwirtschaftskommissar tätig. Das Dossier könnte er behalten, auch Handel ist eine Variante.
Italien: Aus Rom wurde noch keine Nominierung bekanntgegeben.
Kroatien: Die konservative Europaabgeordnete DUBRAVKA ŠUICA will dem bisherigen Kommissar Neven Mimica folgen. Ob sie auch sein Portfolio Entwicklung übernimmt, ist noch unklar.
Lettland: Bisher war VALDIS DOMBROVSKIS als einer der Vizepräsidenten der Kommission für den Euro und den sozialen Dialog zuständig. Die liberal-konservative Regierung war zufrieden und fordert ein ähnliches Ressort.
Litauen: Die große Hoffnung des regierenden Bundes der Bauern und Grünen ist der 28-jährige Wirtschaftsminister VIRGINIJUS SINKEVIČIUS.
Luxemburg: NICOLAS SCHMIT hat schon angekündigt, sich in der Kommission um den Bereich Beschäftigung kümmern zu wollen. Der Sozialdemokrat war in seiner Heimat bereits Arbeitsminister.
Malta: Die Sozialdemokratin HELENA DALLI war bereits Europaministerin Maltas, nun soll sie in Brüssel ihre Arbeit fortsetzen.
Niederlande: Fast wäre FRANS TIMMERMANS Chef der Kommission geworden, ein Vize-Posten dürfte ihm allerdings sicher sein. Ob er wieder Erster Vizepräsident wird, ist unklar.
Polen: KRZYSZTOF SZCZERSKI ist derzeit Chef in der Kanzlei des polnischen Präsidenten Andrzej Duda. Die national-konservative Regierung will ihn künftig in Brüssel für Infrastruktur oder Wirtschaft im Einsatz sehen.
Portugal: Die sozialistische Regierung in Lissabon kam der Forderung von der Leyens, eine Frau und einen Mann zu nominieren, nach: EU-Abgeordnete ELISA FERREIRA ...
... und Infrastrukturminister PEDRO MARQUES.
Rumänien: Die EU-Abgeordneten DAN NICA und ...
... ROVANA PLUMB von den regierenden Postsozialisten sind äußerst umstritten. Beiden warf die Antikorruptionsbehörde DNA bereits Amtsmissbrauch vor.
Slowakei: Der sozialdemokratische Energiekommissar MAROŠ ŠEFČOVIČ soll seine Arbeit in Brüssel fortsetzen. Seine Chancen, erneut Kommissionsvize zu werden, stehen gut.
Slowenien: Der parteilose JANEZ LENARČIČ gilt als erfahrener Diplomat: Der aktuelle slowenische EU-Botschafter wird nach Wunsch Ljubljanas künftig in der Kommission für Umwelt- oder Energieagenden zuständig sein.
Spanien: Nach der Italienerin Federica Mogherini wird auch diesmal mit JOSEP BORRELL ein Sozialdemokrat die EU-Außenagenden leiten. Es ist nicht sein erstes Mal in Brüssel: 2004 bis 2007 war der derzeitige Außenminister EU-Parlamentspräsident.
Schweden: Knapp zehn Jahre wurde Schweden in Brüssel von Cecilia Malmström vertreten. Nun soll die sozialdemokratische Arbeitsmarktministerin YLVA JOHANSSON übernehmen.
Tschechien: VERA JOUROVA ist in Brüssel nicht unbekannt: In der Juncker-Kommission war die liberale Politikerin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung zuständig. Prag wünscht sich nun ein Wirtschaftsressort.
Ungarn: Der national-konservative Regierungschef Viktor Orban will seinen Parteikollegen LASZLO TROCSANYI in die Kommission schicken. Erheblichen Widerstand gegen die Bestellung des ehemaligen Justizministers gibt es jedoch im EU-Parlament. Interesse zeigte er bereits an den folgenden Portfolios: Nachbarschaft und Erweiterung oder internationale Entwicklung.
Zypern: Brüssel ist Neuland für STELLA KYRIAKIDES. Die Abgeordnete sitzt für die konservative Partei Dimokratikos Synagermos im zypriotischen Parlament und ist zudem Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Ihre Ressortambitionen sind noch unklar, im Bereich Gesundheit und Soziales weist sie jedoch bereits Erfahrung auf.
(red, APA, 27.8.2019)